Auslegung des Art. 13. 561
schlüsse dem Bundestage vorgelesen werden sollte: darin ward feierlich
Verwahrung eingelegt gegen die demokratischen Grundsätze, mit denen man
das unzweideutige landständische Prinzip fälschlicherweise verwechselt habe,
und die Erwartung ausgesprochen, daß die deutschen Regierungen, bis
zum Erlaß eines Bundesgesetzes, dem Art. 13 nur eine „der Aufrecht-
erhaltung des monarchischen Prinzips und des Bundesvereins vollkommen
angemessene Auslegung" geben würden. Diese neue Formel fand ein-
stimmige Annahme und sie entsprach auch, trotz ihrer gefährlichen Dehn-
barkeit, den gegebenen Zuständen besser als die alte, da dieser Bund mit
seiner absolutistischen Zentralgewalt nur bestehen konnte, wenn in seinen
Gliederstaaten die monarchische Macht lebendig blieb. Dergestalt ward der
Versuch einer gänzlichen Umdeutung des Art. 13 für diesmal vereitelt,
allerdings durch den Widerspruch der süddeutschen Höfe, aber wahrlich
nicht durch ihre Verfassungstreue, sondern durch ihre Furcht vor den
alten Ständen.
Die anderen Verhandlungen dagegen verliefen so leicht und schnell,
daß Bernstorff selbst durch dies Ubermaß der Einmütigkeit in Verlegen-
heit geriet und dem österreichischen Minister erklärte: sein König sei nur
an die Teplitzer Punktation gebunden und müsse sich für alles Weitere
die Genehmigung vorbehalten.) Das Geheimnis der Beratungen blieb
unverbrüchlich bewahrt. Buol und Goltz in Frankfurt empfingen nur
den lakonischen Befehl, den Beginn der Ferien des Bundestags für jetzt
noch hinauszuschieben. Erst am 18. August, als die Verhandlungen
sich schon dem Ende zuneigten, sendeten Metternich und Bernstorff an
den König von Dänemark, als Herzog von Holstein, eine kurze vertrau-
liche Mitteilung über den Zweck der Konferenzen und baten zugleich das
Kopenhagener Kabinett, seinen Bundesgesandten zur unbedingten Annahme
der bevorstehenden Präsidialanträge anzuweisen: Eile sei nötig, wegen
der nahenden Ferien des Bundestags, desgleichen volle Einträchtigkeit,
wegen des Eindrucks auf die Nation; also „werden Ew. Ex. Sich durch
jeden Tag, um den früher Sie den k. Gesandten ermächtigen werden,
ein wahres Verdienst um Deutschland erwerben."“ Beigelegt war diesem
Schreiben nichts weiter als der Entwurf des provisorischen Bundes-Preß-
gesetzes.) Wenn ein königlicher Hof mit so kärglichen Nachrichten ab-
gespeist wurde, so nahm man vollends auf die kleinen Staaten gar keine
Rücksicht. Den meisten traute man den Mut des Widerstandes nicht
zu und versagte ihnen jede Mitteilung. Andere wurden unter der Hand
bedroht; „gegen ungeziemende Bemerkungen der freien Städte haben wir
uns vorgesehen,“ meldete Bernstorff dem Staatskanzler.““) Um den
störrischen Kurfürsten von Hessen nicht allzusehr zu reizen, lud man
*) Bernstorff an Hardenberg, 13. August 1819.
*“) Metternich und Bernstorff an Minister Rosenkrantz in Kopenhagen, 18. Aug. 1819.
*“*“) Bernstorff an Hardenberg, 2. Sept. 1819.
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. II. 36