Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Neue Gemeinde-Commission in Berlin. 173 
einmal ernstlich prüfen zu lassen. In solchem Sinne wird Metternich 
sich auf dem Congresse ausgesprochen haben; er brauchte nur den König zu 
bestärken in einem Entschlusse, der im Stillen wahrscheinlich schon gefaßt war. 
Am 19. December, bald nach seiner Heimkehr aus Troppau, befahl 
der König die Berufung einer neuen Commission zur Durchsicht jener 
Entwürfe.“) Unzweifelhaft bedurften die Entwürfe einer gründlichen Um- 
gestaltung, aber die Zusammensetzung des neuen Ausschusses bewies, daß 
die Prüfung nicht im Sinne des Staatskanzlers erfolgen sollte. Es war 
bereits die vierte Commission, die in diesem unglücklichen Verfassungskampfe 
gebildet wurde, ohne daß man die älteren auflöste. Den Vorsitz erhielt 
der Kronprinz, Mitglieder waren: Wittgenstein, Schuckmann, Anecillon, 
Oberpräsident Bülow, Cabinetsrath Albrecht, sammt und sonders alt- 
ständische oder absolutistische Gegner Hardenberg's. Unter der Führung des 
Thronfolgers hatten die beiden Parteien der conservativen Opposition ihren 
ersten Sieg über den Kanzler erfochten. Einige Tage nachdem diese Ent- 
scheidung gefallen war, sendete Metternich aus Troppau (24. Dec.) an 
Wittgenstein eine für den König bestimmte Denkschrift, welche nochmals 
die Berufung von Provinzialständen und einer aus ihnen hervorgehenden 
Centralvertretung empfahl.“) In einem Begleitbriefe rieth der Oesterreicher 
„aus aufgeklärten, treuen und dem echt monarchischen Princip ergebenen 
Männern" eine neue Commission zu bilden, welche auch die „mit diesem 
Princip unverträgliche Communalordnung" prüfen sollte.*") Der Rath 
traf erst ein als er schon befolgt war; es läßt sich aber leicht erkennen, 
daß Metternich schon auf dem Congresse in demselben Geiste geredet 
haben muß. 
Der König hielt nicht einmal für nöthig, dem Staatskanzler, der 
noch in Troppau weilte, das Geschehene amtlich mitzutheilen; er hatte 
ihm sein Vertrauen gänzlich entzogen und duldete ihn nur noch im Amte, 
weil er den Hochverdienten nicht allzu bitter kränken wollte. Was weiter 
geschehen mußte, ließ sich errathen. Das Schicksal der Communalordnung 
war entschieden; lag diese erst in Trümmern, so war wieder eine lange 
Frist gewonnen, und dann konnten vielleicht dieselben Hände, welche den 
Unterbau der Hardenbergischen Verfassung zerstörten, nach neuem Plane 
ein altständisches Gebäude aufrichten. 
  
Wie anders als das vergangene begrüßte der greise Staatskanzler 
dies neue Jahr. Damals hatte er sich voll jugendlicher Zuversicht ver— 
messen, sein Lebenswerk mit der preußischen Verfassung abzuschließen! jetzt 
  
*) Cabinetsordre vom 19. Dec. 1820. 
**) Vgl. S. 172, Anm. 2. 
***) Mitgetheilt von A. Stern, Forschungen z. d. Gesch. 26. 321, Näheres in Beilage 8.
	        
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