274 III. 5. Die Großmächte und die Trias.
gedämpft klang daneben die Antwort Metternich's, der zwar ebenfalls alle
drei Fragen bejahte, aber mit dem Vorbehalt einer besonderen Verstän—
digung für den Fall thätlicher Hilfe. Noch behutsamer äußerte sich Bern—
storff. Er hatte seine Erwiderung dem Könige vorgelegt, und Friedrich
Wilhelm blieb hier wie vordem in Troppau fest entschlossen, seinem Volke
kein unnöthiges Opfer zuzumuthen. Preußen versprach daher zwar seinen
Gesandten gegebenen Falls abzurufen, auch den französischen Hof im Kriegs-
falle moralisch zu unterstützen; thätliche Hilfe aber könne der König nur
leisten, soweit die Nothwendigkeit seiner Lage und die seinem Königreiche
schuldigen Pflichten ihm dazu die Möglichkeit (la faculté) lassen sollten —
und daß der König diese Möglichkeit schlechterdings nicht zugeben wollte,
war allen Staatsmännern der Ostmächte wohl bekannt. Wellington end-
lich antwortete mit einer schroffen Ablehnung. War es ein Zufall oder
hatte er den Entwurf der russischen Antwort vorher gelesen — genug,
seine Denkschrift begann, als wollte sie den Czaren verspotten, ganz mit
denselben Worten wie die russische um dann zu den genau entgegengesetzten
Schlüssen zu gelangen. „Seit dem Monat April 1820“, hub er an, „hat
die britische Regierung keine Gelegenheit versäumt um den Verbündeten
Sr. Majestät zu empfehlen, daß sie sich jeder Einmischung in die inneren
Angelegenheiten Spaniens enthalten möchten.“ Dann schilderte er, wie
gefährlich, kostspielig und doch fruchtlos ein solcher Versuch sei; er erklärte
kurzab, der Grundsatz der Nichteinmischung bleibe für England die Regel
dem Auslande gegenüber, und verweigerte jede Antwort auf Montmorency's
Fragen, so lange er die Verhandlungen zwischen Spanien und Frankreich
nicht kenne.
So schneidend hatte England in Troppau und Laibach nicht wider-
sprochen; aus dem Munde des Feldherrn, der nie ein Wort umsonst sprach,
klangen die gewichtigen Sätze nur noch ernster. Alle fühlten, daß Eng-
land bereits den ersten Schritt that um sich von der Allianz zu trennen.
Der Czar aber stürmte vorwärts, er wollte Erfolge sehen, und die
deutschen Mächte durften, wie lebhaft sie auch den Frieden wünschten, seine
ungestümen Mahnungen nicht gänzlich von der Hand weisen; es galt, den
Schein der Eintracht zu wahren und vor Allem ein Zerwürfniß im Oriente
zu verhindern. Wir mußten endlich, gestand Bernstorff an Ancillon, mit
England jede Verständigung aufgeben und, um mit Rußland nicht zu
brechen, einen Mittelweg einschlagen. Dieser Mittelweg war freilich sehr
abschüssig. Schon in den jüngsten Tagen hatte Bernstorff die Frage
erwogen, ob es nicht möglich sei, durch eine diplomatische Verwendung
in Madrid eine Aenderung der Verfassung mittelbar herbeizuführen.“)
Am 31. Okt. beantragte Metternich sodann gemeinsame Vorstellungen beim
—
*) Bernstorff, Lsquisse über das Verhältniß von Spanien und Frankreich,
22. Okt. 1822.