Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Griechenland. Italien. 279 
nachgab, wähnte Metternich sich den Frieden im Orient erkauft zu haben. 
Eine dem Congresse übergebene russische Erklärung (vom 26. Sept.) lautete 
in der That so überaus versöhnlich, daß alle Mächte wetteifernd versprachen, 
sie würden diese billigen Forderungen des Czaren bei der Pforte lebhaft 
unterstützen. Nur Wellington hatte sich, als gewissenhafter Vertreter der 
Handelspolitik Canning's, vorher mißtrauisch erkundigt, welche Handels— 
vortheile Rußland im Schwarzen Meer beanspruche. Tatistscheff dankte 
den Mächten verbindlich und erklärte, sein kaiserlicher Herr überlasse die 
weiteren Verhandlungen mit dem Divan vertrauensvoll den Verbündeten.) 
Alles schien eitel Friede und Hoffnung; und doch hatte Lord Strangford, 
der soeben aus Konstantinopel in Verona eingetroffen war, bedauernd ein- 
gestehen müssen, daß er von der Pforte bisher noch nicht die kleinste Nach- 
giebigkeit habe erlangen können. Die orientalischen Händel sollten abgethan 
sein und bleiben. Darum ward auch ein Schreiben der National- 
versammlung von Argos, das für den werdenden hellenischen Staat die 
Anerkennung Europas erbat, kurzerhand abgewiesen; und als der griechische 
Bevollmächtigte Metaxas dem Congresse von Ancona aus seine Ankunft 
ankündigte, da ließ ihm Metternich durch Cardinal Spina antworten, man 
werde ihn an der österreichischen Grenze sofort anhalten. Mit ergreifenden 
Worten hatte Metaxas dem König von Preußen geschrieben: „die griechische 
Nation verlangt mit lauter Stimme ihr Vaterland, einen Thron, ein 
Recht auf Dasein und Eigenthum.“““*) Alle seine Briefe an die Monarchen 
blieben unbeachtet, und höhnisch meinte Gentz, das sei die Art, mit „dem 
lächerlichen Geschwätz“ der Rebellen fertig zu werden. Niebuhr aber ver- 
nahm mit Entrüstung, wie herzlos dies Christenvolk von chhristlichen 
Mächten mißhandelt wurde, und sagte: „es wird auf dem Congresse zum 
Antrag kommen, Homer's Gedichte durch Büttelshand zu verbrennen, alle 
Exemplare bei schwerer Strafe zusammenzutreiben und nach Konstantinopel 
zu beliebiger Behandlung zu senden.“ 
Ueber die italienischen Dinge einigte man sich leicht. Kein Laut 
des Widerspruchs regte sich mehr in dem geknechteten Lande, und mit 
Genugthuung konnte König Karl Felix den Mächten anzeigen: „die Wieder- 
geburt Piemonts ist vollendet.“ Der Congreß genehmigte daher die Räumung 
Piemonts und beschloß, das österreichische Besatzungsheer in Neapel etwas 
zu vermindern. Eine Zeit lang trug sich Metternich noch mit dem 
Plane eine gemeinsame Polizeistelle für Italien zu errichten; doch ließ er 
den Gedanken bald fallen, da Consalvi, durch Cardinal Spina geschickt 
vertreten, die unbeschränkte Souveränität des Kirchenstaates entschlossen 
*) Nesselrode, Note an Vernstorff, Wien 26. Sept., dem Congresse vorgelegt, 9. Nov.; 
Protocoll der Conferenz vom 26. Nov.; Tatistscheff's Antwort, 27. Nov.; Bernstorff's 
Bericht, 17. Nov. 1822. 
*“*) Metternich an Spina, 30. November; Metaxas an König Friedrich Wilhelm, 
2. Nov. 1822.
	        
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