282 III. 5. Die Großmächte und die Trias.
Chateaubriand das Amt des Gestürzten, und endlich am lang ersehnten
Ruder steuerte der romantische Staatsmann geradewegs auf den Krieg zu.
Auch der französische Gesandte mußte dem spanischen Minister eine Note
vorlesen, die etwas maßvoller in der Form, doch fast ebenso feindselig
lautete wie die Depeschen der Ostmächte; auch er erhielt eine scharfe Ant—
wort (9. Jan.) und wurde nach kurzer Frist abberufen. Am 28. Januar
eröffnete König Ludwig seine Kammern mit einer Thronrede, die einer Kriegs—
erklärung nahe kam: hunderttausend Franzosen, so sagte er drohend, stünden
an den Pyrenäen um den spanischen Thron einem Enkel Heinrich's IV. zu
erhalten. Die große Mehrheit der neuen Kammer bestand aus leidenschaft-
lichen Ultras; sie ließ ihrem Parteihaß so gänzlich die Zügel schießen, daß
der Abgeordnete Manuel wegen einer Aeußerung, die er in dem allgemeinen
Toben nicht einmal hatte beenden können, aus dem Hause ausgestoßen
wurde und ein Theil der Opposition hierauf entrüstet seinen Austritt
erklärte. Also ganz unter sich bewilligten die Ultras freudig die Mittel
zum Kriege, während drüben in Madrid die Redner der Cortes von der
Unbesiegbarkeit des spanischen Befreiervolkes sprachen.
Im März war der Krieg bereits sicher, und jetzt hielt auch Canning
die Zeit für gekommen, um den Widerspruch, den er in Verona eingelegt,
öffentlich zu wiederholen. Am 31. März erklärte er den Tuilerien, Eng-
land halte sich zunächst neutral, doch nur unter drei Bedingungen: wenn
die Unabhängigkeit der spanischen Krone unangetastet bleibe, wenn die alte
Verbindung zwischen Großbritannien und Portugal nicht erschüttert werde,
endlich wenn Frankreich keinen Anspruch erhebe auf irgend ein Stück der
spanischen Kolonien, deren Trennung vom Mutterlande bereits entschieden
scheine. Damit war unzweidentig angekündigt, daß der britische Hof die
Unabhängigkeit Südamerikas binnen Kurzem anerkennen werde. Wohl
grollte König Georg auf den ihm aufgedrungenen Minister; vor dem
österreichischen Gesandten bejammerte er den Tod des unersetzlichen London-
derry; sein hannöverscher Vertrauter Graf Münster ertheilte an den
Bundesgesandten Hammerstein Weisungen, welche den Absichten des eng-
lischen Cabinets schnurstracks zuwiderliefen, und sehr lockend klangen dem
Welfen die Mahnungen seines Freundes Metternich, der ihn mehrmals
zur Entlassung Canning's zu bewegen suchte.)) Doch was vermochte in
diesem England der Wille des Monarchen gegen einen großen Staatsmann,
der sich durch die entschlossene Vertretung des nationalen Handels sofort
alle britischen Herzen erobert hatte, der Tag für Tag in der Volksgunst stieg
und schon in gewaltigen Reden drohend auf das schlummernde Gefieder
der Segelschiffe Altenglands wies? Den deutschen Mächten blieb nun keine
Wahl mehr. Wie aufrichtig sie auch anfangs den Frieden gewünscht hatten,
*) Berichte von Hatzfeldt, 22., 26. März, 10. Mai; von Blittersdorff, Frankfurt
18. Jan. 1823.