Streit wegen der kleinen Contingente. 293
verwendete Baiern in den Jahren 1816—30 nur 1 Mill. Gulden, für
Germersheim, das ebenfalls Bundesfestung werden sollte, gar nur 167,000
Gulden, also noch nicht einmal die Zinsen der ihm ausgezahlten fran-
zösischen Gelder. Die Preußen, die in diesem Hexensabbath particularistischer
Nichtswürdigkeit allein noch an das Vaterland dachten, hatten ihres Ekels
kein Hehl, wie Blittersdorff selbst seinem Hofe gestehen mußte, und Goltz
schrieb verzweifelnd nach Berlin: er widerspreche nicht mehr, sonst komme
gar nichts zu Stande.“)
Als nun endlich die Grundzüge der Kriegsverfassung doch vereinbart
waren, begann sofort ein neuer Zwist. Da das Gesetz alle Truppen-
gattungen nach der Bevölkerungszahl gleichmäßig auf alle Souveräne ver-
theilte, so ergab sich bald, daß ein großer Theil der deutschen Fürsten
nicht im Stande war ein Reiterregiment oder eine Batterie zu stellen,
sondern sich mit Truppentheilen begnügen mußte, welche die höfliche Amts-
sprache des Bundestags mit den wohllautenden Namen „Cavallerie= oder
Artilleriekörper"“ bezeichnete. Der Cavalleriekörper des Fürsten von Liechten-
stein bestand aus acht Pferden. Solche Heersäulen schienen doch selbst den
Strategen des Bundestags bedenklich. Er gestattete daher den allerkleinsten
Staaten — denn jeder Zwang gegen die Souveräne wurde grundsätzlich
vermieden — durch freie Uebereinkunft mit den mächtigeren Genossen ihres
Armeecorps für die Stellung dieser Specialwaffen zu sorgen. Da erhob
jedoch der Herzog von Oldenburg geharnischten Widerspruch. In einer
langen Denkschrift führte er aus: für große Staaten sei die Erhaltung
einer starken Heeresmacht eine „Selbstbefriedigung“, ein Mittel, ihr eigenes
politisches Ansehen zu sichern, für kleine nur eine passive Pflicht; auch
werde Niemand leugnen, daß ein kleines Contingent im Kriege „das Opfer
eines Augenblicks“ werden könne, was sich von dem preußischen Heere nicht
behaupten lasse; da mithin das Vergnügen für die Kleinen geringer, die
Gefahr größer sei, so verlangte er als sein gutes Recht, daß ihm seine Last
erleichtert und die Stellung eines ungemischten Infanteriecorps gestattet
würde. Der Landgraf von Homburg war der entgegengesetzten Ansicht.
Er sollte 29 Reiter, 2 Pioniere, 3 reitende und 11 Fuß-Artilleristen zum
Bundesheere stellen und bestand darauf diese Truppenmacht in un-
verfälschter Homburgischer Ursprünglichkeit zu liefern, weil eine Ver-
tretung durch einen fremden Souverän kostspieliger sein und überdies das
Homburgische Geld „in das Ausland“ locken würde. Nassau dagegen
beanspruchte das Vorrecht, nur Fußvolk und Artillerie zu stellen, und da
Metternich diesen Wunsch seines Freundes Marschall unter der Hand
unterstützte, so hielt sich Wangenheim verpflichtet, leidenschaftlich zu wider-
sprechen: wolle man etwa, so fragte er, die Bundesstaaten der anderen
Armeecorps, Nassau zu Liebe, nöthigen, das neunte Corps durch Reiterei
*) Berichte von Blittersdorff, 18. Nov.; von Goltz, 13. März 1821 u. s. w.