Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Uebernahme der Bundesfestungen. 331 
unbequemen Mahner, er fürchtete schon ein Zerwürfniß mit seinem öster- 
reichischen Freunde. Der General aber ließ sich nicht beirren und trat 
so nachdrücklich auf, daß Metternich kleinlaut die bündigsten Zusagen gab: 
nur unglückliche Mißverständnisse sollten bisher die Zögerung verschuldet 
haben; er ging soweit, dem General zu betheuern: „jeder Oesterreicher 
hat ein preußisches Herz“ — was in Berlin sehr peinlich berührte, weil 
man die Absicht merkte.) In der That hielt er auch diesmal nicht Wort. 
Erst als Nagler selbst im nächsten Winter nach Wien kam, wurde Oester- 
reichs Widerstreben gänzlich überwunden,““) und im April 1825, fast zehn 
Jahre nach Abschluß der europäischen Verträge, verlangten die beiden Groß- 
mächte endlich in vollem Ernst, daß der Bund nunmehr Mainz, Landau 
und Luxemburg als Bundesfestungen übernehmen müsse. 
Noch einmal begann die particularistische Schamlosigkeit ihr altes 
Gezänk. Obgleich die Mittelstaaten keineswegs wünschten, etwa selber an 
Preußens Stelle das Besatzungsrecht in den Bundesfestungen zu über- 
nehmen, so stellten sie sich doch an, als wäre diese Last, welche Preußen für 
ganz Deutschland trug, eine dem preußischen Staate gewährte Gunstz sie 
fanden es höchst unbillig, daß der Bund für Servis und andere Nebenkosten 
aufkommen sollte. Für Luxemburg wollte Württemberg gar nichts zahlen; 
denn nach der Rechtsansicht des Stuttgarter Hofes war Mainz allein eine 
wirkliche Bundesfestung, Luxemburg dagegen „nur in militärischer Hinsicht 
als Bundesfestung zu betrachten“ und folglich Preußen allein verpflichtet, 
alle Lasten zu tragen. Auch der Hannoveraner Hammerstein zeigte sich 
so widerspänstig, daß der englische Gesandte ihn an seine vaterländischen 
Pflichten erinnern mußte; er fragte ihn, ob er denn nicht wisse, daß die 
Verstärkung der Rheingrenze im britischen Interesse liege? Am lautesten 
lärmte der luxemburgische Gesandte: die Uebernahme sei verfrüht, der 
Festungsrayon noch nicht abgegrenzt, überdies müsse sein König für die 
niederländischen Truppen auf ihrem vaterländischen Boden den Vortritt 
vor den Preußen fordern. 
Trotz alledem blieb Preußen fest, und Münch, der bisher durch seinen 
Langenau den vertragsbrüchigen Luxemburger zu allen seinen Winkelzügen 
ermuthigt hatte, mußte sich endlich entschließen, die Macht der Mehrheit 
zu gebrauchen, obgleich Baiern einen einstimmigen Beschluß verlangte. Am 
28. Juli entschied sich die Mehrheit der Stimmen für die Uebernahme 
der drei Festungen. Nagler aber schrieb traurig: „die Angelegenheit hat 
bewiesen, daß aus der Bundesversammlung eine einhellige Vereinigung 
zu größeren Zwecken, sobald dabei ein Interesse eines einzelnen Bundes- 
staates berührt oder Geldleistungen von Allen gefordert werden, schwer, 
ja wohl nie hervorgehen werde.““*) So urtheilte der Günstling Metter- 
*) Meyern's Bericht, 25. Sept. 1824. "“") Nagler's Bericht, Wien 10. Febr. 1825. 
**#) Berichte von Blittersdorff, 25. Mai; von Nagler, 24. Juli, 3., 11. August, 
24. Sept. 1825. 
 
	        
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