300 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten.
in der Bundesstadt eingetroffen; dazu die Frankfurter, mehrere Polen
und der unvermeidliche Rauschenplatt mit einigen älteren Genossen, alles
in allem kaum mehr als fünfzig Verschworene. Auf einer Versammlung
in Bockenheim wurden durch Bunsen und Körner die Rollen verteilt;
nächsten Tags am Abend wollte man losbrechen.
Schon am Morgen des 3. April war der Anschlag durch einen ano-
nymen Brief aus Würzburg verraten, und wenn die Behörden ihre
Pflicht erfüllten, so konnte der so kläglich vorbereitete Aufstand leicht ent-
weder ganz verhindert oder doch beim ersten Beginn unterdrückt werden.
Militärische Hilfe aus dem nahen Mainz war dringend nötig, da die Frank-
furter Garnison nur 380 Köpfe zählte, und sie ließ sich rasch zur Stelle
schaffen, denn der Gouverneur hatte sich, wegen der längst umlaufenden
bedenklichen Gerüchte, schon für alle Fälle vorbereitet. Freiherr von Man-
teuffel aber, der sächsische Bundesgesandte, der in Münchs und Naglers
Abwesenheit den Vorsitz führte, verhielt sich ganz untätig. Er sendete
nach Mainz nur die vorläufige Anzeige, daß vielleicht Unruhen bevor-
stünden, und wollte, zu Blittersdorffs Verzweiflung, nicht einmal den
Bundestag zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen.*) Der regie-
rende Bürgermeister ließ auf die Hauptwache zehn Mann mehr als ge-
wöhnlich, alle mit ungeladenem Gewehr aufziehen, und schickte zwei Polizei-
diener an den Fuß des Pfarrturms, um die Sturmglocken zu behüten;
die wachfreie Mannschaft blieb in der Kaserne versammelt und harrte
unter der Aufsicht eines Senators der kommenden Dinge.
Nach so auffälligen Proben politischer Wachsamkeit mußten die Libe-
ralen wohl auf den Verdacht geraten, daß der Bundestag die Aufrührer
absichtlich eine Weile hätte gewähren lassen, um die Demagogen endlich
einmal auf handhafter Tat zu ergreifen. Erwiesen ist diese damals aller-
orten geglaubte Beschuldigung freilich nicht; der tragikomische Hergang läßt
sich auch ohnedies, aus der allgemeinen Erbärmlichkeit der Frankfurter
Verhältnisse ungezwungen erklären. Das Kriegsheer der Bundesstadt
befand sich in einem ebenso verwahrlosten Zustande wie alle die anderen
kleinen Kontingente; Freiherr von Manteuffel gehörte noch zu jener alten,
soeben erst vom Staatsruder verdrängten kursächsischen Beamtenschule,
welche sich unleugbar mehr durch schwerfällige Pedanterei als durch teuf-
lische Arglist auszeichnete; und die Römerherren waren in diesen unruhigen
Tagen schon so oft durch blinden Lärm vom Schmause oder vom Whist-
spiel aufgescheucht worden, sie mochten gern glauben, auch diesmal stecke
nichts dahinter.
Am Abend versammelte sich der eine Haufe der Verschworenen, fast
durchweg Studenten, in Bunsens Wohnung; mehrere sehr tüchtige junge
Männer waren darunter, so der Mediziner Eimer aus Baden und der
*) Blittersdorffs Bericht, 4. April 1833.