Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

314 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. 
blieb in der festen Hand des preußischen Gouverneurs; und Preußen ver- 
mehrte freiwillig seine Besatzungstruppen fast auf das Doppelte, da das 
luxemburgische Kontingent, das in Kriegszeiten die kleinere Hälfte der 
Garnison bilden sollte, nirgends vorhanden war. Aber welch ein An- 
blick, als nun die anderen Bundestruppen, welche der Bundestag zur 
Verteidigung der Festung bestimmt hatte, die Kriegsscharen von Det- 
mold, Bückeburg und Waldeck langsam eintrafen. Sie erwiesen sich als 
würdige Bundesbrüder des Frankfurter Kriegsheeres. Schon unterwegs 
hatten sie gemeutert, und in der Festung betrugen sie sich so zuchtlos, daß 
der preußische Gouverneur scharf eingreifen mußte; er ließ ihnen den 
höheren preußischen Sold geben und sie unter preußischer Aufsicht in der 
ihnen fast unbekannten Kunst des Schießens üben. Über diese Eigen- 
mächtigkeit des preußischen Generals geriet der Bundestag in vater- 
ländischen Zorn und erörterte nunmehr mit gewohnter Gründlichkeit die 
leider ganz unlösbare Frage: wer solle die Kosten der Soldzahlungen und 
Schießübungen tragen? der Bund, oder Preußen, oder die Souveräne der 
gebesserten Kriegsheere? Schließlich konnte das preußische Gouvernement 
den Jammer nicht mehr ansehen und erklärte der Bundesversammlung 
geradezu: mit solchem Gesindel sei in einer rings von Rebellen umgebenen 
Festung nichts anzufangen. Neue Verlegenheit in Frankfurt. Man sah 
wohl ein, daß der Rückmarsch der drei Heere unvermeidlich war, aber den 
wahren Grund wollte man den drei Souveränen nicht mitteilen, das 
hätte sie zu tief gekränkt; darum beschloß man am 27. Oktober, die drei 
Kontingente sollten heimkehren, da „die Veranlassung ihres Ausmarsches 
nicht mehr vorhanden sei“. So väterlich sorgte der Bund nicht für die 
Kriegstüchtigkeit des deutschen Heeres, sondern für die Gemütsruhe seiner 
Kleinfürsten. Für die Bundesfestung stand allerdings nichts zu fürchten; 
denn König Friedrich Wilhelm befahl sofort, daß sein rheinisches Armee- 
korps im Notfall den Ersatz für die 1400 Lipper und Waldecker stellen 
solle.“) 
Um so trostloser gestalteten sich die Aussichten für die Bundesexe- 
kution; es lag ein Fluch auf allem, was diese unglückliche Frankfurter Ver- 
sammlung in die Hand nahm. Daß Preußen an der Exekution nicht teil- 
nehmen dürfe, war am Bundestage beschlossene Sache: denn das Erscheinen 
preußischer Regimenter außerhalb der Bundesfestung konnte allerdings sehr 
leicht das Signal zu einem europäischen Kriege geben. Frankreich hatte 
auf der Londoner Konferenz den dringenden Wunsch ausgesprochen, die 
Bundesexekution möge in einer Form erfolgen, welche „unzweideutig“ 
beweise, daß der Bund allein, und nicht die Ostmächte, in Luxemburg ein- 
schritten.) Die Bitte erschien, wie die Dinge lagen, wohl begreiflich, 
  
*) Naglers Berichte, 1., 19. Aug., 28. Sept., 4. Nov., 3. Dez. 1831. 
**) Bernstorff, Weisung an Maltzahn, 14. Nov. 1830.
	        
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