320 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten.
widerungen, die deutschen Großmächte unterstützten ihn nachdrücklich,') und
die beiden Gesandten verloren in Frankfurt jeden Einfluß. Die diplo-
matische Gesellschaft zog sich von ihnen zurück. Blittersdorff berichtete:
„man ist hier nahe daran, Lord Palmerston für einen Halbwilden zu er-
klären, mit dem man nichts zu tun haben könne.“*) Und diese West-
mächte, die den Deutschen Bund also durch anmaßende Einmischungs-
versuche belästigten, wurden von der liberalen Presse fort und fort als
Deutschlands natürliche Bundesgenossen verherrlicht.
Unterdessen war über Luxemburgs Zukunft noch immer nichts ent-
schieden. Der König der Niederlande wollte sich zur Annahme der Vierund-
zwanzig Artikel nicht entschließen, denn insgeheim hoffte er noch auf einen
allgemeinen Krieg. Palmerston aber erschwerte dem verratenen hollän-
dischen Bundesgenossen die Nachgiebigkeit durch ungezogenen Übermut.
Unverkennbar wünschte der Lord den Streit in die Länge zu ziehen; der
Waffenstillstand, der die Belgier im Besitze des größten Teiles von Luxem-
burg und Limburg ließ, war ja für Englands neues Schoßkind überaus
vorteilhaft, und wehe dem britischen Handel, wenn das Festland je ganz
zur Ruhe kam!
Menschlich genug, daß König Wilhelm in diesen langen Jahren der
Ungewißheit seinem Grolle gegen den untätigen Deutschen Bund zuweilen
die Zügel schießen ließ. Im November 1833 zeigte er dem Bundestage
an, er sei bereit, die Westhälfte Luxemburgs an Belgien abzutreten; eine
Entschädigung in Land und Leuten könne er dem Bunde freilich nicht
bieten, indessen denke er die auf dem ungeteilten Großherzogtum ruhen-
den Bundespflichten nach wie vor vollständig zu erfüllen, und er hoffe —
so sagte er wie zum Hohne — man werde in dieser Zusage „einen
Beweis seiner föderativen Gesinnungen“ erkennen. Durch heftige Be-
schwerden über die Untätigkeit des Bundestages suchte er sodann diese
ehrenrührige Zumutung, die seinen eigenen früheren Verheißungen offen-
bar widersprach, wohl oder übel zu rechtfertigen.**) Die beiden deutschen
Großmächte aber waren jetzt so ganz erfüllt von dem Wunsche, den leidigen
Streit zu begraben, daß sie den kleinen Höfen die Annahme der nieder-
ländischen Vorschläge dringend empfahlen. Ancillon meinte: eine Ent-
schädigung zu fordern, sei widersinnig, da kein Gebiet zur Verfügung stehe,
und auch ungerecht, da der König ja kein neues Land erhalte, sondern
nur sein altes Land behalte.) Da geschah das Unerhörte: König Ludwig
von Bayern und mehrere der deutschen Höfe zeigten sich patriotischer als
Preußen selbst; sie bestanden darauf, daß Deutschland eine Entschädigung
*) Ancillon, Weisung an Maltzahn, 6. Nov. 1834.
**) Blittersdorffs Bericht, 13. Sept. 1834.
***) Naglers Berichte, 20. Nov. 1833, 16. Jan. 1834.
) Ancillon, Weisung an Bülow, 15. Dez. 1833.