Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Vertrag von Hunkiar Iskelessi. 327 
Osterreich und Preußen begrüßten den Friedensschluß mit aufrichtiger 
Freude; die Revolution war ja besiegt, der Bestand der Türkei dem Namen 
nach gesichert. In Paris dagegen wurde die Niederlage schmerzlich empfun— 
den; auch Palmerston erkannte zu spät, was er versäumt hatte, und tröstete 
das Parlament mit dem behaglichen, britischen Hörern immer willkommenen 
Gemeinplatze: England führe niemals Krieg für abstrakte Grundsätze. Als- 
bald sollte man noch deutlicher erkennen, was Rußlands Schutzherrschaft 
in dem geschwächten Türkenreiche bedeutete. Auf den ersten Wink des 
Sultans zogen die Truppen des nordischen Erretters gefällig heimwärts, 
aber am 8. Juli 1833 ward zwischen beiden Mächten zu Hunkiar Iskelessi 
ein Bündnisvertrag abgeschlossen: beide verbürgten einander ihren Länder- 
bestand, und da der Sultan außerstande war, seine Zusage zu halten, 
so versprach er die Dardanellen allen fremden Kriegsflotten zu verschließen. 
Die Einfahrt nach Konstantinopel ward mithin den Westmächten ver- 
schlossen, den Russen vom Pontus her stand sie jederzeit offen. 
Also ohne Schwertstreich errang Rußland das Übergewicht im Osten, 
und nach so glänzenden Erfolgen wähnte sich der Zar stark genug, auch 
dem Abendlande die Herrscherstirne zu zeigen. Er wollte der Revolution 
auf die Gefahr des Weltfriedens hin, mindestens grundsätzlich den Kampf 
ankündigen; er hoffte die schönen Tage von Troppau zu erneuern, obgleich 
seine eigenen Räte lebhaft widersprachen und ein triftiger Grund für eine 
Zusammenkunft der Monarchen nirgends vorhanden war. Die erste Ein- 
ladung zu diesem neuen Kongresse war von Wien ausgegangen. Kaiser 
Franz fragte durch Ficquelmont vertraulich an, ob er im Sommer 1833 den 
russischen Kaiser in dem böhmischen Schlosse Münchengrätz begrüßen dürfe. 
Bei einiger Höflichkeit ließ sich die Versammlung sehr leicht so einrichten, 
daß auch der König von Preußen auf seiner alljährlichen Teplitzer Bade- 
reise daran teilnehmen konnte. Metternich aber wünschte den Zaren, 
den er als Kaiser noch nie gesehen, für sich allein zu haben; er fürchtete 
die Anwesenheit des alten Herrn, der von seinem Schwiegersohne wie von 
allen seinen Kindern mit einer gewissen Scheu verehrt wurde und wenn 
es zu beschwichtigen oder zu verneinen galt, sich sehr zähe zu zeigen 
pflegte. Darum wurden die Vorbereitungen zu der Konferenz mit einem 
so auffälligen Ungeschick betrieben, daß General Schöler ärgerlich sagte: 
diese Kaiserreise „droht eine Art von Pasquill auf alle Monarchenzu- 
sammenkünfte zu werden“.*) König Friedrich Wilhelm erhielt nur die Mit- 
teilung, daß sein Schwiegersohn ihn und den Kaiser von Osterreich zu 
besuchen denke; über den Zeitpunkt der Reise erfuhr er nichts Sicheres. 
Nach längerem Warten brach er im Juli nach Teplitz auf, traf am 
14. August in Theresienstadt mit Kaiser Franz, gleich darauf in Teplitz 
selbst mit Metternich zusammen und besprach sich mit beiden über die 
  
½ Schölers Bericht, 16. Sept. 1833.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.