Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Zusammenkunft in Schwedt. 329 
frieden über diese dreitägigen Unterredungen.“) Der König war mit nichten 
gemeint, jedem launischen Einfall seines Schwiegersohnes nachzugeben und 
den so mühsam gesicherten Frieden durch eine törichte Herausforderung 
in Frage zu stellen. Er stimmte dem legitimistischen Gepolter des Zaren 
freundlich zu; er erkannte auch an, wie Ancillon sagte, „daß der Aufschwung 
des revolutionären Geistes verschuldet sei durch die verhängnisvolle Tätig- 
keit der Pariser Propaganda und durch den ungeheuerlichen Grundsatz der 
Nichteinmischung.“ Gern wollte er das Seine tun, um „diese beiden 
Quellen des Unheils zu verstopfen, von denen die eine die Revolutionen 
entstehen läßt, die andere ihnen die Straflosigkeit sichert.“ Darum schlug 
er selbst vor, daß die drei Ostmächte gemeinsam die Unterdrückung der 
demagogischen Umtriebe in Paris verlangen sollten; er erklärte sich auch 
bereit, bei „der ersten Gelegenheit“ dem französischen Hofe zu erklären, 
daß die drei Mächte das Recht der Intervention festhalten und behaupten 
würden. Weiter mochte Friedrich Wilhelm durchaus nicht gehen; allen 
kriegerischen Andeutungen des Russen setzte er einen so hartnäckigen Wider- 
stand entgegen, daß Nikolaus nicht einmal wagte, ihm die Abschließung 
eines förmlichen Vertrages vorzuschlagen. Die Besprechungen gelangten 
über einen wenig fruchtbaren Gedankenaustausch nicht hinaus, und der 
Zar beschloß, näheres erst in Münchengrätz mit den Osterreichern zu 
verabreden. 
Eine nochmalige Reise nach Böhmen konnte er seinem Schwieger- 
vater umso weniger zumuten, da die Manöver, bei denen der König 
niemals fehlte, nahe bevorstanden. Er wünschte also, Ancillon möge ihn 
begleiten. Der aber widersprach mit ungewohnter Entschiedenheit und ging 
so weit, dem Selbstherrscher zu sagen „die Würde Preußens erlaubt mir 
das nicht“,“*) worauf Nikolaus, der den friedfertigen Theologen ohnehin 
nicht leiden mochte, in hellem Zorne auffuhr. Der Minister sah voraus, 
welche peinliche Rolle er allein neben den beiden Kaisern spielen mußte; 
deshalb behielt er sich vor, die Münchengrätzer Verhandlungen nachträglich 
in Berlin zu prüfen und dabei die Meinung des kranken Bernstorff ein- 
zuholen, dem er offenbar mehr Mut zutraute als sich selber. Uner- 
schütterlich blieb er bei seiner Weigerung, und der König gab ihm recht. 
Nur um den Schein der Eintracht vor der Welt zu wahren, wurde auf 
die Bitte des Zaren der Kronprinz mit nach Münchengrätz gesendet; sein 
Vater befahl ihm indessen streng, weder irgendein Versprechen zu geben, 
noch an den politischen Unterhandlungen teilzunehmen. So trennten 
sich die beiden Monarchen, in Freundschaft, doch nicht ohne Verstimmung. 
  
*) Schölers Bericht, 24. Sept. 1833. 
*“) Diese in den Tagebüchern der Fürstin Metternich (Hinterl. Papiere V. 435) 
erwähnte Äußerung scheint in der Tat gefallen zu sein. Am Bundestage wurde sie 
allgemein geglaubt. (Blittersdorffs Bericht, 13. Dez. 1833.)
	        
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