Die Liberalen auf der Konferenz. 341
Hofburg noch zu zersprengen hoffte. Aus ähnlichen Gründen, um sich
die Gunst der Großmächte für die belgischen Händel zu sichern, folgte der
Vertreter Luxemburgs, Verstolk van Soelen dem Banner Osterreichs;
was kümmerten auch den Holländer die deutschen Verfassungsfragen?*)
Diesen acht konservativen Stimmen trat eine Mehrheit von neun
Konstitutionellen entgegen, eine buntgemischte Partei, einig nur in dem
Entschlusse, alles zu vermeiden, was daheim zu einer Ministeranklage
führen konnte. Voran stand Bayern, das anfangs durch Gise, nachher
sehr geschickt durch den Minister von Mieg vertreten wurde. Beide Staats-
männer mußten ihrem Könige in tiefem Geheimnis, hinter dem Rücken
des Ministerrates, Bericht erstatten und empfingen von ihm die gemessene
Weisung, die Selbständigkeit seines „Reichs“ vor jedem Eingriff zu be-
wahren.) Etwas behutsamer trat der Badener Reizenstein für den Be-
stand der Landesverfassungen ein und geriet deshalb mit seinem alten
Gegner du Thil oft in Streit; die alte freundnachbarliche Gesinnung der
Badener und der Hessen machte sich in diesen Händeln Luft.“) Der
Führung Reizensteins fügten sich in der Regel der Sachse Minckwitz und
der Württemberger Beroldingen, obgleich beide persönlich den Ansichten
Metternichs nahe standen; desgleichen Ompteda aus Hannover, Trott aus
Kurhessen und der Vertreter der Allerkleinsten, von Strauch. Daß der geist-
reiche Thüringer Fritsch, Metternichs Widersacher von Karlsbad her, in
diesem Kreise nicht fehlte, verstand sich von selbst. Sogar auf das allzeit
getreue Nassau konnte die Hofburg sich nicht mehr verlassen, da Marschall
vor kurzem gestorben war und Ompteda vorläufig die nassau-braunschwei-
gische Kuriatstimme führte. Im Vertrauen ward schon der Plan eines
Sonderbundes der konstitutionellen Staaten besprochen: natürlich ohne
Erfolg, weil man doch nur im ängstlichen Verneinen übereinstimmte.
Bei solchem Gleichgewicht der Parteien mußte die Konferenz von Haus
aus unfruchtbar bleiben. Am 13. Januar eröffnete Metternich die Be-
ratungen und erklärte in pathetischer Ansprache: vor vierzehn Jahren sei
der Bund ausgebildet worden, jetzt gelte es ihn zu erhalten. Darauf
folgte das wohlbekannte Schauergemälde der deutschen Zustände: „Aus den
Stürmen der Zeit ist eine Partei entsprossen, deren Kühnheit, wenn nicht
durch Entgegenkommen, so doch durch Nachgiebigkeit bis zum Übermut
gesteigert ist. Wenn nicht bald dem überflutenden Strome ein rettender
Damm entgegengesetzt wird, so könnte in kurzem selbst das Schattenbild
einer monarchischen Gewalt in den Händen mancher Regenten zerfließen.“
Zwischen dem monarchischen Prinzip der Bundesverfassung und der mo-
dernen, unter den Formen des Repräsentativsystems verhüllten Idee der
*) du Thil an Prinz Emil von Hessen, 18. Jan., 7. Febr. 1834.
**) Dönhoffs Bericht, 6. Febr. 1834.
**#*) Alvenslebens Bericht, 11. Febr. 1834.