Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Die Liberalen auf der Konferenz. 341 
Hofburg noch zu zersprengen hoffte. Aus ähnlichen Gründen, um sich 
die Gunst der Großmächte für die belgischen Händel zu sichern, folgte der 
Vertreter Luxemburgs, Verstolk van Soelen dem Banner Osterreichs; 
was kümmerten auch den Holländer die deutschen Verfassungsfragen?*) 
Diesen acht konservativen Stimmen trat eine Mehrheit von neun 
Konstitutionellen entgegen, eine buntgemischte Partei, einig nur in dem 
Entschlusse, alles zu vermeiden, was daheim zu einer Ministeranklage 
führen konnte. Voran stand Bayern, das anfangs durch Gise, nachher 
sehr geschickt durch den Minister von Mieg vertreten wurde. Beide Staats- 
männer mußten ihrem Könige in tiefem Geheimnis, hinter dem Rücken 
des Ministerrates, Bericht erstatten und empfingen von ihm die gemessene 
Weisung, die Selbständigkeit seines „Reichs“ vor jedem Eingriff zu be- 
wahren.) Etwas behutsamer trat der Badener Reizenstein für den Be- 
stand der Landesverfassungen ein und geriet deshalb mit seinem alten 
Gegner du Thil oft in Streit; die alte freundnachbarliche Gesinnung der 
Badener und der Hessen machte sich in diesen Händeln Luft.“) Der 
Führung Reizensteins fügten sich in der Regel der Sachse Minckwitz und 
der Württemberger Beroldingen, obgleich beide persönlich den Ansichten 
Metternichs nahe standen; desgleichen Ompteda aus Hannover, Trott aus 
Kurhessen und der Vertreter der Allerkleinsten, von Strauch. Daß der geist- 
reiche Thüringer Fritsch, Metternichs Widersacher von Karlsbad her, in 
diesem Kreise nicht fehlte, verstand sich von selbst. Sogar auf das allzeit 
getreue Nassau konnte die Hofburg sich nicht mehr verlassen, da Marschall 
vor kurzem gestorben war und Ompteda vorläufig die nassau-braunschwei- 
gische Kuriatstimme führte. Im Vertrauen ward schon der Plan eines 
Sonderbundes der konstitutionellen Staaten besprochen: natürlich ohne 
Erfolg, weil man doch nur im ängstlichen Verneinen übereinstimmte. 
Bei solchem Gleichgewicht der Parteien mußte die Konferenz von Haus 
aus unfruchtbar bleiben. Am 13. Januar eröffnete Metternich die Be- 
ratungen und erklärte in pathetischer Ansprache: vor vierzehn Jahren sei 
der Bund ausgebildet worden, jetzt gelte es ihn zu erhalten. Darauf 
folgte das wohlbekannte Schauergemälde der deutschen Zustände: „Aus den 
Stürmen der Zeit ist eine Partei entsprossen, deren Kühnheit, wenn nicht 
durch Entgegenkommen, so doch durch Nachgiebigkeit bis zum Übermut 
gesteigert ist. Wenn nicht bald dem überflutenden Strome ein rettender 
Damm entgegengesetzt wird, so könnte in kurzem selbst das Schattenbild 
einer monarchischen Gewalt in den Händen mancher Regenten zerfließen.“ 
Zwischen dem monarchischen Prinzip der Bundesverfassung und der mo- 
dernen, unter den Formen des Repräsentativsystems verhüllten Idee der 
  
*) du Thil an Prinz Emil von Hessen, 18. Jan., 7. Febr. 1834. 
**) Dönhoffs Bericht, 6. Febr. 1834. 
**#*) Alvenslebens Bericht, 11. Febr. 1834.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.