634 IV. 8. Stille Jahre.
stilvollen Palast für das Münchner Postamt ankaufte, und mußte nun
als Gesandter nach Wien gehen, angeblich, um dort über einen Handels—
vertrag, der nie zustande kam, zu unterhandeln. Der preußische Ge—
sandte aber schrieb: daran läßt sich erkennen, „wie hier die konstitutionelle
Verantwortlichkeit der Minister verstanden wird.“*)
Mit der launischen Willkür des Königs wuchs auch seine Vorliebe
für die Klerikalen. Während er den Protestanten verbot, nach preußischer
Weise den Namen der evangelischen Kirche zu führen, erlaubte er den
römischen Priestern das Sanktissimum überall, sogar in protestantischen
Städten, durch die Straßen zu tragen, und befahl, daß Reiter und Wagen
davor anhalten sollten. Die Klöster mehrten sich von Jahr zu Jahr; im
Juli 1837 bestanden ihrer schon 85; die Zusage des Konkordats, welche
die Wiederherstellung „einiger“ Klöster verhieß, war also längst erfüllt.
Der aufopfernden Liebestätigkeit der barmherzigen Schwestern versagten
auch die Protestanten ihre Anerkennung nicht; die terminierenden Bettel—
mönche aber gerieten häufig in Streit mit den Polizeibeamten, die nach
ihrer Amtspflicht das Betteln und Strolchen zu untersagen hatten. In
Augsburg übergab der König das Gymnasium den Benediktinern und
feierte diese Tat durch einen Geschichtstaler, der die Bavaria darstellte,
wie sie zwei Knaben einem Mönche zuführte. Dann befahl Wallerstein
durch eine Verordnung, daß bei der Besetzung der Gymnasial-Lehrerstellen
die Geistlichen vorzugsweise berücksichtigt werden sollten. Er tat es aus
Nachgiebigkeit gegen den König; im stillen war der schmiegsame Minister
von der Überlegenheit des weltlichen Unterrichts überzeugt und freute sich
herzlich, als der Führer der klassischen Pädagogen, Thiersch in der Pfalz
einige neue Lateinschulen einrichtete. Wo das Mönchtum blühte, durften
auch die Mirakel nicht fehlen. In der Nachbarschaft Münchens tauchte eine
Blutschwitzerin Maria Mörl auf, und zahlreiche Andächtige strömten herbei,
um die Wundenmale Christi am Leibe der heiligen Frau zu betrachten.
Unterdessen hatte der Papst (1832) ein strenges Breve über die ge—
mischten Ehen erlassen. Auf die Bitten des ehrwürdigen Bamberger Erz—
bischofs Frhrn. von Frauenburg und anderer Prälaten wurden diese harten
Vorschriften zwar durch eine Instruktion etwas gemildert; indes blieb fortan
Regel, daß der römische Priester die katholische Erziehung aller Kinder ver—
langte und anderenfalls höchstens die passive Assistenz leistete. In den pari-
tätischen fränkischen Landschaften, wo auf 16 neue Ehen oft 14 Mischehen
kamen, äußerte sich der Unwille sehr laut. Als aber das lutherische Kon-
sistorium, um seine Gegenmaßregeln zu treffen, sich von der Regierung die
Mitteilung jener beiden Breven erbat, da wurde ihm sein Gesuch mehr-
mals abgeschlagen..) Die Aussichten verdüsterten sich noch mehr, als
*) Dönhoffs Berichte, 27. Sept. 1834, 7. Jan. 1835.
*“) Dönhoffs Berichte, 31. Mai 1834, 20. März 1835.