Ernst August und seine Gemahlin. 647
die Husarenuniform saß ihm wie angegossen, aber in den scharfgeschnit—
tenen soldatischen Gesichtszügen lag ein so widerwärtiger Ausdruck von
Hohn und Härte, daß viele den unleugbar schönen Mann für abschreckend
häßlich erklärten. Wie oft warnte der Dichter der Whigs, Thomas Moore
die englischen Mädchen vor der bärbeißigen Larve (grim phiz) des öden
galoppierenden Herzogs:
Der edle Prinz, es trifft sich gut,
Gleicht gar so sehr in Fleisch und Blut
Dem Chef des Hauses Beelzebub!
Während der letzten Jahre pflegte er bald in Berlin, bald in London
Hof zu halten. In Preußen galt er wenig; man erzählte nur beiläufig,
daß er in den reaktionären Kreisen der mecklenburgischen Partei sehr laut
zu reden liebte. In England wurde seine Stellung immer peinlicher, seit
die Whigs wieder obenauf kamen. Er haßte den König, der ihn zwang,
die Reformbill ohne Widerstand hinzunehmen und ihm bei der Besetzung
der hannöverschen Vizekönigsstelle den jüngeren Bruder Cambridge vor-
zog; er haßte noch bitterer seine junge Nichte, die ihm den Weg zum längst
erhofften Throne vertrat; und trotz seiner cynischen Menschenverachtung
wurmte es ihn tief, daß die Londoner Gesellschaft ihm schlechthin alles
zutraute, greuliche, längst widerlegte Skandalgeschichten aus seiner Jugend-
zeit immer wieder auftauchten. Die ihn näher kannten, wußten wohl, daß
Ernst August auch ungewöhnliche Herrschergaben besaß. Wenn es ihm ernst
war, dann arbeitete er mit eisernem Fleiße, wachsam, sicher, sorgfältig;
sein scharfer natürlicher Geschäftsverstand ersetzte vollauf die mangelnde
Bildung, und wo der Vorteil seines Hauses nicht ins Spiel kam, zeigte
er sich sogar gerecht. Selbst sein Gemüt war doch nicht ganz verödet,
wie hätte er sonst seine Gemahlin Friederike so zärtlich lieben können. Die
schöne Schwester der Königin Luise hatte schon zwei Gatten beglückt, den
Prinzen Ludwig von Preußen, nachher den Fürsten von Solms-Braun-
fels, und im Witwenstande auch noch manche süße Stunde verlebt. In
ihrem leichten, lachenden, liebreichen Wesen lag ein bestrickender Zauber,
dem selbst der sittenstrenge König Friedrich Wilhelm nicht widerstand; wenn
man in früheren Jahren seine muntere Schwägerin bei ihm verklagte,
dann sagte er ärgerlich: Ach was! Andere auch nichts taugen! In den
napoleonischen Zeiten hatte sie sich stets als gute Preußin gezeigt und
mit den Führern der Patrioten fest zusammengehalten. Jetzt war sie längst
gesetzter geworden, streng kirchlich, wohltätig, eine sorgsame Gattin. Ihre
dritte Ehe wurde durch die Weihe eines großen Schmerzes geadelt. Der
einzige Sohn, Prinz Georg konnte von der Wiege an mit dem einen Auge
nicht sehen und verletzte sich dann, als er einen Geldbeutel im Kreise
wirbeln ließ, das gesunde Auge so schwer, daß er rettungslos dem Erb-
leiden der Welfen, der Blindheit zu verfallen schien. Dies Unglück be-
stärkte den Vater in seiner religiösen Empfindung. Der alte Eisenkopf