Spiegels Tod. Trostes Ernennung. 689
so fester stand er in der Gunst seines Ministers; er war die Seele jener
Altensteinschen Kirchenpolitik, welche die römische Kirche nach streng katho—
lischen Grundsätzen von Staats wegen zu gängeln suchte. Mit dem Erz-
bischof Spiegel, der ihm zu weltlich schien, vertrug er sich wenig, und in
Bunsen haßte er begreiflicherweise den unberufenen Nebenbuhler.
Durch wiederholte Reisen suchte er sich über das Leben der katholischen
Kirche Deutschlands zu unterrichten. Sie führten ihn nach Bamberg, wo
er den milden Erzbischof Frauenburg als einen Freund Preußens und Be-
wahrer des konfessionellen Friedens hochschätzen lernte 7), aber auch in seine
Heimat, nach Münster. Hier fühlte er sich ganz bezaubert durch den
Verkehr mit dem vormaligen Generalvikar Clemens August Droste-Vische-
ring, dem blindesten aller ultramontanen Eiferer, dem einzigen der preu-
ßischen Prälaten, der bisher offene Auflehnung gegen die Staatsgewalt
gewagt hatte. *) Schon vor Jahren, während des Kampfes zwischen Droste
und der Regierung, war Schmedding der Meinung gewesen, daß die Be-
hörden zu weit gegangen seien.“) Als er nun den frommen Priester
unter den barmherzigen Schwestern beten sah, als er sich mit ihm „über
das große Thema unserer Zeit, die Wechselwirkung von Staat und Kirche“
unterredete und immer nur salbungsvolle Antworten erhielt, da glaubte
er, dem Entlassenen sei schweres Unrecht widerfahren, und er freute sich,
ihm mindestens die Stelle eines Weihbischofs wieder verschaffen zu können.
Nach der Erledigung des Gnesener erzbischöflichen Stuhles, im Jahre
1826, schlug er Droste unbedenklich als Nachfolger vor, und der Antrag
ward nur deshalb nicht angenommen, weil Altenstein auf diese Stelle einen
Polen berufen wollte.)
Kaum kam die Kunde von der tödlichen Erkrankung des Kölner Erz-
bischofs, so entwarf Schmedding schon am 25. Juli 1835, noch bevor Graf
Spiegel die Augen geschlossen hatte, mit unanständiger Eile eine Denkschrift,
welche den Münsterschen Weihbischof als den einzig möglichen Nachfolger
empfahl: die preußischen Bischöfe seien allesamt entweder ungeneigt oder
ungeeignet. Von den anderen deutschen Prälaten war gar keine Rede;
dagegen wurden Drostes gottseliger Sinn, sein reiner Wandel, seine Bil-
dung an Geist und Herz, seine reiche seelsorgerische Erfahrung kräftig ge-
priesen und namentlich hervorgehoben, wie er in den letzten Jahren „als
ein Engel des Friedens“ nur für tätiges Christentum, „also zum Besten
des Staates“ gewirkt habe. —) So sollte denn in einem Augenblicke schwie-
riger Verwicklungen auf die erste geistliche Stelle der Monarchie gerade der
*) Schmedding an Altenstein, Bamberg, 29. Sept. 1828.
S. o. III. 216.
*#) Schmedding an Altenstein, 5. Mai 1818.
4) Schmedding an Altenstein, 2. Okt. 1826.
)Schmedding, geheimes Promemoria, die Krankheit des Erzbischofs von Köln
betr., 25. Juli 1835.
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. IV. 144