Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Braunschweigs Austritt aus dem Steuervereine. 443 
tunlich gemacht haben.“ Daraufhin erbat er sich die Aufnahme seines 
Herzogtums in den Zollverein.“) 
Der preußische Hof fühlte sich nicht berufen, den Sittenrichter zu 
spielen in diesem unerquicklichen Zwiste des Welfenhauses. Er befand sich 
vielmehr in der tragikomischen Lage, daß er das unwillkommene Anerbieten 
seines so rasch bekehrten neuen Freundes nicht von der Hand weisen 
durfte. Das braunschweigische Ländchen allein mit seinen verfitzten Gren- 
zen war durchaus kein Gewinn für den Zollverein. Minister Alvens- 
leben äußerte sich darüber zu dem hannoverschen Gesandten General 
Berger mit einer freundschaftlichen Offenheit, die der alte Soldat dankbar 
anerkannte, und bemühte sich sogar, die beiden Welfenhöfe miteinander zu 
versöhnen.) Vergeblich. Der erboste Braunschweiger erklärte: wenn 
man ihn nicht in den Zollverein aufnehme, dann bleibe er allein. Also 
drohte mitten im Zollvereine nochmals ein großes Nest des Schleichhan- 
dels zu entstehen, die Krämer in den kleinen Harzstädten sprachen schon 
frohlockend von der Wiederkehr der alten goldenen Zeit des Schmuggels. 
Diese Befürchtung zwang die Minister, dem Könige die Aufnahme Braun- 
schweigs zu empfehlen, aber unter der Voraussetzung, daß Hannover, „das 
wic Braunschweig dem Anschluß an den Zollverein entgegenreife“, sich min- 
destens zu Verhandlungen bereit erkläre.*) Hannover gab diese vorläufige 
Zusage, alle Staaten des Zollvereins stimmten freudig bei, alle erwarteten, 
die Kugel komme endlich ins Rollen. In der Tat schien es möglich, daß der 
Zollverein jetzt mit einem Male bis zu den Mündungen der Elbe, Weser 
und Ems vordrang und danach auch die Hansestädte zum Beitritt bewog. 
Das braunschweigische Land erstreckte sich nämlich in einem schmalen 
Streifen weit nach Westen, vom Harze bis zur Weser; trat also das ge- 
samte Herzogtum dem Zollvereine bei, dann wurden die Landschaften 
Göttingen und Grubenhagen, die man in Hannover mit dem erhabenen 
Namen der südlichen Provinzen schmückte, von der Hauptmasse des Welfen- 
Königreichs abgeschnitten, und der ohnehin lockere Steuerverein zerstückelt. 
Doch was fragte der alte Welfe nach der Volkswirtschaft? König 
Ernst August verfuhr bei diesen Verhandlungen von Haus aus unredlich: 
er knüpfte sie nur darum an, weil er hoffte, sich noch freien Verkehr mit 
seinen südlichen Provinzen zu sichern. Seinem Gesandten Kielmansegge 
in London schrieb er eigenhändig: ich bin gegen den Zollverein und werde 
selbst im äußersten Falle immer vermeiden, Englands Interessen zu schä- 
digen, „was man einem englischen Prinzen nicht übel nehmen kann“. 
Bei seinen wiederholten Besuchen in England versicherte er den Ministern 
*7) Berichte von Canitz, Hannover 2. April 1841, Wien 4. März 1844. Schreiben 
des braunschw. Staatsministeriums an das preußische Min. d. A. A., 28. März 1841. 
**) Bergers Berichte, 4. 7. 30. April 1841. 
* 7) Werthers Bericht an den König, 8. April, Kabinettsordre an Werther und Alvens- 
leben, 21. April 1841. 
 
	        
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