Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

504 V. 6. Wachstum und Siechtum der Volkswirtschaft. 
der Wirrwarr des Verfassungsrechts — jedermann erfuhr es auf Schritt 
und Tritt — bedurfte endlich einer unzweideutigen Regelung. Am 11. April 
1846 befahl eine Kabinettsordre die Neugestaltung der Preußischen Bank, 
im wesentlichen nach Rothers Vorschlägen; am 5. Okt. erschien dem— 
gemäß die neue Bankordnung. Rother erlebte noch die Freude, daß seine 
Noten, die er mit der äußersten Vorsicht bankmäßig gedeckt hatte, überall, 
auch im Auslande, unbedenklich wie bares Geld angenommen wurden und 
selbst in den Stürmen des Jahres 1848 ruhig ihre Geltung behaupteten. 
Nach einer solchen Niederlage konnte Flottwell sich nicht mehr im 
Amte halten. Wie grausam wurde doch diesem ausgezeichneten Beamten 
durch die Wechselfälle der neuen Regierung mitgespielt. Der König hatte 
ihn erst, zum Dank für seine musterhafte Verwaltung, von Posen hinweg 
nach Magdeburg versetzt; er hatte ihn sodann zum Finanzminister ernannt, 
obgleich Flottwell sich selbst als Nicht-Fachmann bekannte, und nachher 
noch den Zweifelnden oftmals seines ungeschwächten Vertrauens ver- 
sichert.') Nun zeigte sich doch, wie berechtigt Flottwells eigner Zweifel 
gewesen. Er glaubte, trotzdem sich durch einen kühnen Schritt retten zu 
können. In einer langen Denkschrift (Juni 1846) schlug er dem Mon- 
archen eine Umgestaltung des Ministeriums vor, dergestalt, daß die Bank 
sowie alle Geldinstitute des Staates dem Finanzminister untergeordnet, 
Handel und Gewerbe, Bergwerke und Posten hingegen einem neuen Han- 
delsministerium überwiesen würden; denn in seiner gegenwärtigen Stel- 
lung sei der Finanzminister „vernichtet“. Dies war eine offene Kriegs- 
erklärung gegen Rother, dessen Pläne der König soeben erst angenommen 
hatte. Friedrich Wilhelm brauste auf; er sah in dem Vorgehen des Mi- 
nisters strafbaren Ungehorsam. Im Juli wurde Flottwell ungnädig ent- 
lassen und mußte noch froh sein, als er nachher die Stelle des Oberpräsi- 
denten in Westfalen erhielt.) 
Also war die Stelle des Finanzministers, zum dritten Male seit dem 
Thronwechsel erledigt; und da der einzige, der vielleicht als vierter er- 
folgreich eintreten konnte, Kühne, dem Monarchen mißfiel, so wurde nach 
langen Erwägungen der erst vorm Jahre entlassene Graf Arnim-Beoitzen 
burg zur Übernahme des Amtes aufgefordert. Der Graf erwiderte, 
wie vormals Flottwell: vom Finanzwesen verstehe er nichts. Nachdem er 
dies Bedenken, auf das Zureden des Königs, endlich aufgegeben hatte, 
erklärte er freimütig: seinen Widerspruch gegen die königlichen Verfas- 
sungspläne könne er nicht fallen lassen und sie darum auch nicht vor dem 
bevorstehenden Landtage verteidigen.*““) Seitdem war er unmöglich. Nun 
–– — — — — · 
*) Bodelschwingh an Flottwell, 26. Jan. 1845. 
**) Flottwell an Thile, 6. Juli; Thile, Bericht an den König 6. Juli, Denkschrift 
über das Promemoria des Finanzministers 22. Juli 1846. 
*“) Graf Arnim an Thile, 14. 25. 30 Juli; an den König, 30. Juli, 8. Aug.; Kabi- 
nettsordre an Arnim, 3. Aug. 1846.
	        
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