Die Bank-Ordnung. Flottwells Entlassung. 505
wurde Geh. Rat v. Düesberg berufen, derselbe, der zuerst die Leitung
der Katholischen Abteilung übernommen hatte, ein tüchtiger Jurist, aber
auch kein Finanzmann.
Die Reform der Preußischen Bank allein befriedigte die Masse der
Kaufleute und Fabrikanten schon darum nicht, weil die Bank in den
Provinzen nur erst wenige Kontore und Kommanditen besaß. Für West—
falen berechnete Fritz Harkort den jährlichen Umschlag der fünf wichtig—
tigsten Gewerbszweige — sicherlich noch zu niedrig — auf 16 Mill. Tlr.;
und diese Provinz mit fast 1½ Mill. Einwohnern besaß erst drei kleine
Bankiers, in Münster und Schwelm, sie mußte ihre Kreditgeschäfte durch
Kölner Bankhäuser besorgen lassen. In Wort und Schrift verlangte nun
Harkort eine Privatbank für seine Heimat; dann traf er (1845) in Berlin
mit Industriellen aus Schlesien, Posen und dem Rheinlande zusammen,
die Regierung schlug jedoch alle Bitten ab, weil sie zunächst ihre eigene
Bank neu ordnen wollte. Ein neuer Stand von Kapitalisten und Staats-
gläubigern wuchs heran; deshalb forderte der geistvolle Nationalökonom
Rodbertus-Jagetzow eine große Hauptbank in Berlin mit vielen Filialen,
deren Kapital zur einen Hälfte durch freie Zeichnung, zur anderen durch
die Provinzen aufgebracht werden sollte. Auch ein ungeheures Schwindel-
unternehmen zeigte, daß die alte übervorsichtige Bankpolitik sich nicht mehr
halten ließ. In Dessau versuchte der Kölner Schulte eine Riesenbank zu
gründen mit 100, späterhin gar 200 Mill. Tlr. Kapital, wofür ebenso
viel Banknoten ausgegeben werden sollten. Da das Anhaltische Streit-
ländchen noch von den Zeiten des Köthener Zollkrieges her an freundnach-
barliche Ausbeutung der preußischen Umlande gewöhnt war, so willfahrte
der Dessauer Hof dem Gesuch und zeigte sich tief gekränkt, als Preußen
keine Filialen dieses Unternehmens dulden wollte. Späterhin schrumpfte
diese wundersame Dessauer Bank zusammen zu einer Landesbank mit
2½ Mill. Kapital. Für solche Zeichen der Zeit war der König nicht
blind. Als er die neue Bankordnung genehmigte, beauftragte er zugleich
Rother, einen Gesetzentwurf über die Privatbanken auszuarbeiten. Hier
aber versagte die Kraft des Alten. Rother vermochte sich in den neuen
Verkehr nicht recht zu finden und hegte, obwohl ihn Schön schändlicher-
weise einen Judengenossen schimpfte, unüberwindliche Scheu vor den
Gefahren des Bankschwindels. Privat-Zettelbanken wollte er überhaupt
nicht dulden; und wenn ja eine Bankgesellschaft für Wechsel-, Lombard-
und Depositenverkehr erlaubt würde, dann sollte fünf Meilen im Um-
kreise keine zweite sich bilden dürfen. So ängstliche Vorschläge konnten
unmöglich ausreichen, die Revolution schritt bald über sie hinweg.
Auch in der Verwaltung der Seehandlung, die er einst selbst aus tiefem
Verfalle gerettet hatte, wollte Rother jetzt nichts mehr ändern. Die Bank
war für den Verkehr der kaufmännischen Welt bestimmt, die Seehandlung
für die Geldgeschäfte des Staates, und sie leistete ihm treffliche Dienste,