Widerstand der Herzogtümer. Die Augustenburger. 573
ihrer Heißsporne schossen über das Ziel hinaus, indem sie gar noch be—
haupteten, auch in Lauenburg erbe der Mannesstamm. Davon konnte
im Ernst nicht die Rede sein, denn Lauenburg war als Entschädigung für
Norwegen an Dänemark gekommen und stand mithin unzweifelhaft unter
dem Thronfolgerechte der dänischen Krone. Die Lauenburger wußten dies
selbst; sie waren in ihrem altständischen Stillleben niemals durch dänische
Willkür gestört worden und ließen sich von den deutschen Nachbarn willig
der Schwäche zeihen, weil sie sich an einem Kampfe, der ihr Landesrecht
nicht berührte, nur wenig beteiligten.
Der Zorn der Schleswigholsteiner entsprang dem gekränkten Rechts—
sinne, er ward gestärkt und geadelt durch eine schöne vaterländische Empfin—
dung, durch das stolze Gefühl, daß dies alte Landesrecht zugleich die Sache
Deutschlands war. Dynastische Nebengedanken blieben der Volksbewegung
fremd. Nichts konnte falscher sein, als die in der Kopenhagener Presse
übliche Beschuldigung, das Haus Augustenburg hätte die Unruhen in den
Herzogtümern angezettelt. Im Jahre 1786 hatte der jüngere Bernstorff,
da die Zukunft des königlichen Hauses gefährdet schien, die Heirat zwischen
Herzog Friedrich Christian von Augustenburg, dem Gönner Schillers,
und einer Tochter Christians VII. zu stande gebracht; der kluge Staats—
mann hoffte dadurch die beiden Linien zu vereinigen und also jeden Erb—
folgestreit abzuschneiden. Die Besorgnisse, welche man damals hegte, ver-
schwanden wieder, als bald nachher ein Thronfolger, der spätere König
Christian VIII. geboren wurde. Doch seitdem galten die Augustenburger
am Kopenhagener Hofe als heimliche Prätendenten und hatten unter der
Feindseligkeit der Krone viel zu leiden. Sie wachten auch sehr mißtrauisch
über ihren Rechten, sie verwahrten sich, als Holstein aus dem Verbande
des heiligen Reichs ausschied — ein Schritt dynastischer Vorsicht, der
späterhin über Gebühr gepriesen wurde;?) sie dachten sogar ernstlich daran,
ihre Erbansprüche auf Oldenburg geltend zu machen, als Napoleon das
Fürstenhaus dort entthront hatte.*) Aus jener dänischen Ehe stammten
der gegenwärtige Herzog Christian August und sein Bruder Prinz Friedrich
v. Noer. Söhne einer Dänin, Enkel einer Engländerin hatten sie beide
einen Teil ihrer Jugend im Auslande verlebt und sich jene vaterlands-
lose Gesinnung, welche so viele Mitglieder der großen europäischen Für-
stengemeinschaft betört, von Grund aus angeeignet. Deutschland blieb
ihnen immer gleichgültig, und den liberalen Zug der Zeit betrachteten sie
mit Abscheu. Das Recht ihres Hauses war ihnen eines und alles. Darum
blieben sie den dänischen Verwandten stets verdächtig, obgleich Christian VIII.
aus aufrichtiger Neigung ihre Schwester geheiratet hatte und die gütige
Königin Karoline Amalie zwischen den Schwägern immer zu vermitteln
*) S. Beilage 33.
**) Herzog Friedrich Christian v. Augustenburg an den Historiker D. H. Hegewisch,
24. Dez. 1811.