Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Neunter Abschnitt. 
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Der Uiedergang des Deutschen Gundes. 
Die großen Wandlungen der Geschichte kann der Denker wohl aus 
ihren Vorbedingungen und Nachwirkungen als notwendig begreifen. Doch 
niemals vermag er zu erweisen, warum der Umschwung so und nicht 
anders erfolgen, warum im entscheidenden Augenblicke diese und nicht 
andere Männer an entscheidender Stelle stehen mußten. Über der Welt 
der persönlichen Freiheit, über dem Kommen und Gehen der historischen 
Personen walten Gesetze, deren göttliche Vernunft wir zuweilen ahnen, 
aber nie ergründen. In Deutschland war die alte fürstliche Selbstherr- 
schaft längst zur Vernichtung reif, und der Übergang zu der notwen- 
digen neuen Ordnung der Dinge konnte noch immer auf friedlichen. 
Wegen erfolgen. Da fügte das Geschick, daß die beiden mächtigsten und 
geistvollsten Vertreter der monarchischen Vollgewalt, die beiden Herrscher, 
welche im Hochgenusse ihres königlichen Ichs wie trunken schwelgten, eben 
zu der Zeit, da eine Versöhnung möglich schien, sich ihrem Volke ent- 
fremdeten. Gewiß war es eine furchtbare, eine unausbleibliche Ironie des 
Schicksals, daß gerade die zwei ersten Männer des deutschen Fürstenstandes 
die Unzulänglichkeit des alten persönlichen Regiments gleichsam am eigenen 
Leibe erfahren mußten; die einzelnen Auftritte dieser Tragödie des deut- 
schen Absolutismus lassen sich jedoch nur aus persönlichen Erlebnissen 
und Empfindungen erklären. 
In Preußen hatte der König mit der Einberufung der Vereinigten 
Stände eine Bahn beschritten, welche fast unzweifelhaft zur geordneten 
ständischen Monarchie zu führen schien; doch ein rätselhafter Eigensinn 
verbot ihm, seinen hochsinnigen Zugeständnissen zur rechten Zeit die Ge- 
währ zu geben, die ihren Bestand allein sichern konnte; erst als es zu 
spät war, versprach er die periodische Einberufung des Landtags. In 
Bayern schienen sich zur nämlichen Zeit, um Neujahr 1847 die Verhält- 
nisse ebenso hoffnungsvoll zu gestalten. König Ludwig war aus seinen 
klerikalen Träumen erwacht. Er hatte während der letzten Monate aus 
dem demagogischen Getobe der Ultramontanen gelernt, daß diese Partei
	        
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