Ministerium Maurer. 657
konnte, eine Zeitlang nur durch Geschäftsträger vertreten.“) Den pro—
testantischen deutschen Höfen ließ Ludwig die Gründe des Ministerwechsels
vertraulich mitteilen und zugleich die Hoffnung aussprechen, nunmehr
würde sich das Verhältnis zwischen den Bundesgenossen wieder freund-
licher gestalten. Es ward hohe Zeit. Der Münchener Hof stand augen-
blicklich ganz vereinsamt; alle mieden und beargwöhnten ihn, seit Abel
sich erdreistet hatte, die Bischöfe geradeswegs zum Kampfe gegen die
Kirchenpolitik der deutschen Regierungen aufzuwiegeln.*) Über ihre Vor-
gänger sprachen die neuen Minister mit der größten Schärfe. In einer,
dem preußischen Auswärtigen Amte mitgeteilten Weisung an den Ge-
sandten Lerchenfeld schilderte Maurer die Politik Abels und fuhr fort:
„das unsinnige und strafbare Treiben möchte ganz unbegreiflich erscheinen,
wenn man nicht wüßte, daß S. Maj. der König schon seit längerer
Zeit an eine Anderung des bisher befolgten Systems gedacht haben, welche
nicht bloß den bayrischen Interessen, sondern auch denen des gesamten
deutschen Vaterlandes mehr zusagen dürfte.“ ) Die meisten der kleinen
Höfe antworteten sehr erfreut, auch die Westmächte und der den Ultra-
montanen allezeit feindliche Zar bekundeten ihre Zufriedenheit; selbst
der neue Papst äußerte sich wohlwollend, denn er wünschte kirchlichen
Frieden. Der württembergische Resident Graf Degenfeld aber schrieb
frohlockend an Thile, jetzt könne Preußen die diplomatische Herrschaft in
München erlangen, und warf dem Grafen Bernstorff vor, daß er die
Gunst der Stunde noch nicht benutzt hätte.#)
Bernstorffs Zurückhaltung hatte gute Gründe, denn rücksichtslos zu-
zugreifen, moralische Bedenken über politischen Zwecken zu vergessen, war
Friedrich Wilhelms Weise nicht. Nirgends erregten die seltsamen Münchener
Liebeswirren so viel Herzeleid wie bei dem bis zur Peinlichkeit sittenstrengen
preußischen Königspaare. Dem Könige war überdies die neu empor-
kommende liberalere Richtung fast ebenso zuwider wie die geschlagene ul-
tramontane Partei, und seine Gemahlin empfand tiefes Mitleid mit ihrer
armen Schwägerin der Königin Therese, die ihr hartes Los mit einer
fast übermenschlichen Geduld ertrug. Auch Canitz konnte nicht umhin, mit
dem eigentümlichen Tugendstolze dieses Hofes auszusprechen: sein eigener
allergnädigster Herr hätte durch sein Verhalten gegen die römische Kirche
das alte Wort bekräftigt: sui victoria indicat regem. Er freute sich des
angekündigten Systemwechsels und der „Bekräftigung eines alten Bünd-
nisses“", aber — so sagte er bedenklich — „die Veranlassung erscheint
uns nicht geeignet, darin einen Sieg der Sache, die wir für die unserige
halten, zu erkennen“. Noch deutlicher sprach er in einem Begleitschreiben
*7) Berichte von Graf Arnim, 1. März, von Bernstorff, 4. Juni 1847.
**) S. o. V. 287.
* *) Maurer, Weisung an Graf Lerchenfeld, 1. März 1847.
)Degenfeld an Thile, 15. Febr. 1847.
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. V. 42