684 V. 9. Der Niedergang des Deutschen Bundes.
(1846) auch in den Landtag wählen, und da er sogleich mit dem Unter—
suchungsrichter des Weidigschen Prozesses, dem allgemein verachteten
Georgi in einen leidenschaftlichen persönlichen Zwist geriet, so scharte sich
die schwache Opposition alsbald um den schönen ritterlichen Mann als
um ihren natürlichen Führer. Er aber hatte nie verhehlt, daß er zuerst
ein Deutscher sei, dann erst ein Hesse. Gleich seinem Freunde, dem Nier—
steiner Wernher sah er den Zusammenbruch des Bundestags voraus und
suchte sich mit den Gesinnungsgenossen der Nachbarlande über die Zukunft
des großen Vaterlandes zu verständigen. —
Derweil es also überall gärte und eigentlich niemand mehr an die
Dauer der bestehenden Ordnung glaubte, sank der Bundestag tiefer und
tiefer; es schien, als wollte er noch zuletzt beweisen, wie reif er zum Unter—
gange sei. Seit die Kriegsgefahr verschwunden war, zeigten alle Bundes—
staaten, mit der einzigen Ausnahme Preußens, wieder die alte frevelhafte
Gleichgültigkeit gegen die Wehrbarkeit des Vaterlandes. Die zweite Bun—
des-Inspektion im Jahre 1846 bewies nur, daß die erste wenig geholfen
hatte; das luxemburgische Kontingent war noch immer „sehr weit davon
entfernt, formiert zu sein“. Im übrigen gebar die neue Einrichtung nur
neue unwürdige Zänkerei. Jeder Souverän, auch wenn er gar keinen
General in seinem Vermögen hatte, verlangte nach dem Hochgenusse, an—
dere Staaten zu inspizieren; selbst die Senate von Hamburg und Lübeck
erklärten nachdrücklich: wir bilden mit Oldenburg eine Brigade und zahlen
Zuschuß für den Brigadegeneral, folglich müssen wir „als an der Aktiv—
Inspektion beteiligt, sei es auch nur durch ein et caetera hinter Olden—
burg aufgeführt werden.“ Aber gegen dies et caetera verwahrte sich
Oldenburg mit dem ganzen Stolze des Hauses Gottorp.)
Auf den Toren und den Geschützen der neuen Bundesfestungen wollte
König Friedrich Wilhelm Bundesfahnen und Bundeswappen anbringen
lassen, und der Wiener Hof fand begreiflicherweise nichts dawider einzu-
wenden, wenn das althistorische gelbschwarze Reichsbanner auf den Wällen
von Ulm und Rastatt prangte. Ebenso begreiflich, daß König Ludwig von
Bayern davon nichts hören wollte. Er schlug die schwarzrotgoldenen Farben
der Burschenschaft vor, um also „der revolutionären Partei eine Waffe zu
entreißen“““*); doch wußte er sicherlich im voraus, daß nunmehr gar nichts
beschlossen wurde. Etwas günstiger verliefen die Beratungen über das
Bundeswappen. Einige der Kleinen wünschten alle Schilder der achtund-
dreißig Souveräne in einem schönen Kranze zu vereinigen mit der Um-
*) Dönhoffs Berichte, 25. Juni, 6. Juli 1846.
**) Dönhoffs Bericht, 24. Juni 1846.