Vorbereitungen zum Sonderbundskriege. 729
solange der ersehnte allgemeine Vernichtungskrieg gegen die Revolution
noch unmöglich schien. Palmerston aber harrte ungeduldig des Augen-
blicks, da er der Verblendung Metternichs und Guizots eine lächerliche
Beschämung bereiten konnte. Am Wiener Hofe wurde die Möglichkeit
einer bewaffneten Einmischung schon seit dem Jahre 1845 ernstlich er-
wogen. Metternich verdammte die Aufhebung der Aargauer Klöster kurz-
weg als einen Raub, er wünschte seinen Luzerner Getreuen feierlich Glück
zur Vertreibung der Freischaren, und obgleich er die Berufung der Jesuiten
nach Luzern bedenklich fand, so behauptete er doch von vornherein: der
kirchliche Streit sei nur Vorwand, die wirkliche Absicht dieser schamlosen
Radikalen gehe dahin, die Schweiz unter dem Schutze ihrer Neutralität
zu einem Herde der europäischen Anarchie zu machen, die eine und unteil-
bare helvetische Republik der jakobinischen Zeiten mit einer revolutionären
„Zentralregierung“ wiederherzustellen. Diesem „unterwühlenden und
brandstiftenden Systeme“ traute er jede Nichtswürdigkeit zu, zumal seit der
verrufene Ochsenbein an die Spitze der Eidgenossenschaft getreten war.“)
In Wahrheit wurde der unmögliche Gedanke eines helvetischen Ein-
heitsstaates nur von einzelnen Heißspornen der Jungschweizer gehegt; die
Masse der Radikalen lebte in den föderalistischen Ideen, die hierzulande in
der Luft lagen, sie wollte die Integrität der Kantone nicht gefährden und
auch die Souveränität der Kantonalgewalten nicht zerstören, sondern, wie
nachher der Erfolg zeigte, nur ernstlich beschränken. Aber auch diese ge-
mäßigten Pläne mußten — wie Metternich die Dinge ansah — den
Deutschen ein gefährliches Beispiel geben. Darum war in den Wiener
Hofkreisen jedermann für den Sonderbund begeistert. Der karlistische
Landsknecht Fürst Friedrich Schwarzenberg stellte den Urkantonen seinen
Degen zur Verfügung, und selbst der alte Erzherzog Johann, den die
deutschen Liberalen wegen seines sagenhaften Trinkspruchs als Gesinnungs-
genossen bewunderten, verlangte heftig bewaffnetes Einschreiten gegen ein
Prinzip, das alles umstürze. Die Sonderbundskantone schämten sich nicht,
die Nachbarmächte um Geld und Waffen gegen ihre eigenen Landsleute
zu bitten. Bernhard Meyer — der Blut-Bäni, wie die Schweizer ihn
nannten — erlangte im Herbst 1846 glücklich eine Flintensendung von
König Karl Albert — kaum ein Jahr, bevor der Piemontese umschwenkte
und mit den albertinischen Reformen die italienische Revolution einleitete.
Zwei andere Waffensendungen des Wiener und des Pariser Hofes wurden
aufgefangen, auch die dem Sonderbunde durch den Vizekönig Erzherzog
Rainer übermittelten 50 000 Fr. trafen nicht mehr zur rechten Zeit ein.
Zugleich ließ der Wiener Hof eine Brigade an der Vorarlbergischen Grenze
zusammenziehen, in der ausgesprochenen Absicht, die Zwölfermehrheit ent-
weder einzuschüchtern oder sie zur Teilung ihrer Streitkräfte zu nötigen.)
*) Berichte von Canitz, 19. Jan., 12. 24. April; von Bunsen 15. März 1845.
**) Graf Arnims Bericht, 29. Sept. 1847.