Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

742 V. 10. Vorboten der europäischen Revolution. 
da die Wogen der Revolution nunmehr auch über ihm zusammen— 
schlugen! Länderverluste und Ländervertauschungen hatte Preußen, wie 
jeder große Staat, in den Wirren schwerer Kriegszeiten schon mehrmals 
ertragen müssen. Das aber war neu, daß ein Hohenzoller sich mitten 
im Frieden ein schönes Land von meineidigen Eidgenossen und einem 
Haufen Aufrührer ungestraft rauben ließ, daß er sich und seine Krone 
einer verdienten Verachtung aussetzte, die noch heute in den Hohnreden 
der sieglosen Sieger fortlebt. Wie oft hatte dieser König in überschweng- 
lichen, fast lästerlichen Worten seinen Untertanen die angestammte Treue 
gepredigt! Und was bot er selbst den Treuesten seiner Treuen in ihrer 
Todesnot? Bitten und Klagen, zerknirschte Briefe, unfruchtbare Ver- 
wahrungen, phantastische Träume europäischer Reaktionspolitik — doch 
wahrlich nicht die schlichte Treue des deutschen Mannes, nicht die Treue 
des Königs, der den Degen des großen Friedrichs führte. Aus Schwäche 
hatte er den Neuenburgern die Treue nicht gehalten; und alsbald beschied 
ihm ein grausames Geschick, daß er selber die Untreue des Berliner 
Pöbels erfahren mußte. Der Sturm brach los; und wie viele Leiden 
und Kämpfe noch, bis sich die Königsmacht der Hohenzollern nach tiefem 
Fall wieder frei aufrichtete. — 
 
	        
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