94 III. Württemberg als Herzogthum.
zu; die Bitte wurde von den Herzogen von Bayern unterstützt. Doch ließ sich der
Herzog keineswegs von seinem evangelischen Glauben abbringen und erklärte durch
seine Gesandten in Augsburg, daß er es nicht über sein Gewissen bringen könne,
seinem Land eine Aenderung in einem Bekenntnisse aufzudringen, das schon so tiefe
Wurzeln geschlagen habe. Da Christoph mit Standhaftigkeit darauf beharrte, so
blieben die gepflogenen Unterhandlungen ohne Erfolg, bis endlich der Passauer
Vertrag (1552) die Angelegenheit schlichtete: „Württemberg bleibt öster-
reichisches Afterlehen, das nach Absterben des württembergischen
Manusstammes an Oesterreich zurückfallen muß. Die spanischen
Besatzungen werden aus dem Lande gezogen. Das Interim ist ab-
geschafft und völlige Glaubensfreiheit gestattet. Dafür sind
250.,000 fl. zu bezahlen.“ So hatte Oesterreich allerdings in
etwas nachgegeben; aber seine Hand zog es von unserem Vater-
lande noch lange nicht zurück.
Damit war nun Christoph seines Erbes gegen Anfechtungen von außen
sicher. Aber deßhalb war ihm noch keine Ruhe gegeben. Jetzt fieng die Arbeit erst
recht an. Im Innern des Landes sah es gar traurlg aus; nirgends Ordb-
nung und Sicherheit. Ein großer Theil der Beamten benützte sein Amt zu eigener
Bereicherung und sog den Bürger= und Bauernstand auf schändliche Welse aus. Die
Landschaft selber mußte erst wieder an ihre Pflichten erinnert werden, da sie von
denselben wle von ihren Rechten auch in der letzten Regterungszeit Ulrichs keinen
Gebrauch gemacht hatte. Ulrich hatte auch nach der Wiedergewinnung des Landes in
vielem eigenmächtig gehandelt. Christoph bestätigte zuerst den Tübinger
Vertrag und dann gieng er andie Revision der Verfassung, aber
nur im Vereinmit den Landständen. Diese bestanden nunmehr bloß aus
den Stadtabgeordneten und den evangelischen Prälaten. Deren waren
es vierzehn, von Murrhardt, Königsbronn, Anhausen, Herrenalb, Bebenhausen,
Denkendorf, Maulbronn, Adelberg, Lorch, Hirschau, Alpirsbach, Blaubeuren,
Herbrechtingen und St. Georgen. Zwar hatten diese Klosteräbte nicht alle gut-
willig die Reformation angenommen; der von Herrenalb widersetzte sich am meisten,
wurde aber angeklagt, Geldsummen ins Ausland geschickt zu haben, und starb im
Kerker. Die Prälaten hatten in der Landschaft Sitz und Stimme und bewachten
mit den Abgcordneten der Städte und Aemter das Kirchengut, welches von Ulrich
ziemlich willkürlich und eigennützig verwendet worden war. Der Adel schloß sich
noch immer von der Landschaft aus, obgleich die Veranlassung seines Austritts
— Ulrichs Tyrannei und Huttens Mord — längst nicht mehr vorhanden war.
Er wollte die Lasten des Landes nicht mittragen helfen, wurde von König Fer-
dinand I., der mit Vergnügen Württemberg beeinträchtigte, in seinem Widerstande
unterstützt und 1559 für reichsunmittelbar erklärt. Für Christoph aber brachte
dies gar keinen Nachtheil; denn er blieb in Bezug auf viele Güter des Adels doch
Lehensherr desselben und durfte die Lehen, wenn sie verfieken, einzlehen, ohne die
Landschaft darum zu fragen. Hätte sich der Adel der Landschaft wieder ange-
schlossen und wäre er in dieselbe eingetreten, so wären die Lehen nicht herzogliches
Kammergut, sondern württembergisches Staatsgut geworden. Der bürgerliche
Geist Württembergs aber gewann nicht wenig dadurch, daß seine Landstände immer
nur aus Bürgerllchen bestanden, denn auch die Prälaten waren später, nachdem
die hohen geistlichen Stellen nicht mehr bloße Versorgungsstellen für den Adel