Full text: Die Geschichte Württembergs.

#§. 5. Das Herzogthum Schwaben unter den sächsischen und fränkischen Kaisern. 13 
Macht. Die beiden ersten Könige aus dem Hause der Franken (1024—1138) 
machten die letzte gewaltige Anstrengung, das Ziel einer unum- 
schränkten königlichen Machtvollkommenheit zu erreichen. Auch 
die deutschen Fürsten hatten bei der Wahl Konrads II. (1024— 1039) dem 
Wohl des Ganzen ihre Sonderinteressen geopfert. Sein Sohn Heinrich III., 
der Schwarze (1039—1056), vergab nach Willkür die großen Lehen 1). Das 
Murren der unzufriedenen Großen achtete er nicht; sie mußten sogar seinem Sohne 
schon in der Wiege huldigen. Ebenso ließ er die Päpste seine Macht fühlen. 
Eine Kirchenversammlung setzte drei Päpste ab, und um die Einmischung der römi- 
schen Adelspartelen bei den Papstwahlen zu verhindern und um eine strengere Kir- 
chenzucht einzuführen, vergab er den päpstlichen Stuhl mehrmals an würdige deutsche 
Blschöfe. Hätte Heinrich noch länger gelebt, so wäre ihm wohl die Abschaffung 
der Herzogswürde in Deutschland gelungen. Er starb in der Blüte seiner Man- 
nesjahre. Sein Tod wurde wegen des Umschwungs aller Verhältnisse in Kirche 
und Staat ein „Weltereigniß". Hätte er länger gelebt, hätte er die Fortführung 
seiner schon weit gediehenen Pläne einem großjährigen, gleichkräftigen Erben über- 
geben: so hätte leicht die zwischen Königthum und Herrschaft der Großen schwe- 
bende Wage zum entschiedenen Vortheil des ersten sich neigen mögen. Aber das 
zarte Alter von Thronfolgern oder das Auftreten von äußeren 
Feinden in entscheidenden Augenblicken hinderten und vernichteten 
den wiederholt begonnenen, klug fortgeführten, selbst der Voll- 
endung nahen Bau der monarchischen Gewalt. Kaiser Heinrich 
IV. und Papst Gregor VII.! Wie vlel Schmach und Schande für Deutsch- 
land knüpft sich an dlese belden Namen! Heinrich (1056—1106), mit außer- 
ordentlichen Kräften des Gelstes, scharfem Verstand und großer Umsicht begabt, 
wird als Kind selner Mutter Agnes entrissen und fällt in die Hände selbstsüchtiger 
Erzieher, braucht seine meiste Kraft und Zeit, um den Verrath niederzuschlagen, 
der ihn von allen Seiten umstrickt und der in dem eigensüchtigen Wesen der Für- 
sten seine Wurzeln hatte. Und als er endlich alle seine Feinde niedergeworfen, ver- 
führen sie seine elgenen Söhne zum schändlichen Krleg gegen den Vater. Mit dem 
Ende seiner Herrschaft ist Deutschlands Macht und Herrlichkeit da- 
hin. Gregorwilldie vollständige Unabhängigkeit der Kirchevonder 
weltlichen Macht und schließlichdie absolute Herrschaft der Kirche 
über den Staat! 2) Die Mittel, welche er zur Erreichung seines Zwecks an- 
wandte, schlugen, wenn sie auch zum Siege der Kirche Roms dienten, in ihren 
späteren Wirkungen zum Schaden der Kirche aus. Wir dürfen sagen, das Papst- 
thum hat durch die Entfaltung seiner höchsten Macht den Grund zu seiner tiefsten 
Ohnmacht gelegt. Dadurch aber, daß Gregor die Kaisermacht auf ein Minimum 
herabdrückte, wurde Deutschland zersplittert. Der Geist der Zeit hatte 
sich der Kirche zugewandt und so konnte auch ein kräftiger Mann wie Heinrich 
V. (1106—1125) wenig mehr ausrichten. Sein Nachfolger Lothar II. 
1) Der Mönch Gadellus sagt von Heinrich IIII: Omnia Cesar erat. 
2) Gregor erreichte die tiefste Erniedrigung der deutschen Kaisermacht — die 
Schmach von Canossa (1077). Mögen wir in unseren Tagen, in denen derselbe 
Kampf zwischen der Herrschaft Deutschlands und der des römischen Stuhls in hellen Flam- 
men lodert, davor bewahrt bleiben und stehen wir fest zu dem Worte Bismarcks: „Nach 
Canossa gehen wir nicht!“ «
	        
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