2 I. Urgeschichte Schwabens und Württembergs.
Er lobt an ihnen ihre Gemüthlichkeit, Treue, Keuschheit, ihre
Selbständigkelt und Freihelt. „Den Deutschen befiehlt man nicht; sie
regiert man nicht; sie thun alles nach Willkür“ 1). Man kannte nur zwei Volks-
vorsteher, den im Frieden und den im Kriege, den geborenen und den
gekorenen. Tacitus sagt: „Das Volk hat beim ersteren eine vornehme Geburt
und nur beim letzteren das Verdienst berücksichtigt, sich selbst aber die höchste
Gewalt vorbehalten". Der Richter im Frieden hieß Reiks (lat. rex, indisch Rad-
scha), der Anführer im Kriege Thiudans, später Herzog, d. h. einer, der vor
dem Heere herzog.
In den Volksversammlungen durfte jeder sprechen. Da wurde Friede
und Krieg beschlossen und Gericht gehalten. Die Gesetze wurden ursprünglich
nur mündlich, als altes Herkommen fortgepflanzt.
Unter die Unarten der alten Deutschen gehören Trunk und Splelsucht.
Mancher hat beim Würfelspiel Gut und Blut verspielt. Schon in den ältesten
Zelten hatten die Deutschen den Ruhm, die größten Zecher in der Welt zu sein.
Bei jedem öffentlichen Gelage wurde zuerst der große Bragabecher zu Ehren der
gefallenen Helden und dann der Minnebecher zu Ehren der verstorbenen Verwandten
und Gellebten ausgeleert. Das Kreisen der Becher, das Zu= und Wetttrinken,
die Zweikämpfe im Trinken sind uralte Trinkgildengebräuche.
Unsere Voreltern verehrten zwar auch, wie die andern Heiden, viele
Götter, aber sie hlelten doch noch theilweise an der uranfänglichen Wahrheit
von Einem Gott fest. Tacitus schreibt darüber: „Die Deutschen glauben, es
sei der Majestät ihrer Götter nicht gemäß, daß man sie in Wände einschließe, oder
unter einem menschlichen Bilde sie darstelle; sie weihen ihnen Haine und Wälder
und bezelchnen mit ihren Götternamen nur jenes geheimnißvolle Wesen, welchem
sie Dienst erweisen, ohne es zu sehen". Sie verehrten Wuotan, den Allmäch-
tigen und Allwissenden, Donar, den Gott des Donners und Regens, Zin,
den Gott des Kriegs u. a. m. Diesen Göttern wurden Menschen- und Thieropfer
dargebracht. Man achtete auf den Vogelflug, auf das Wiehern der Pferde. Aus
dem Blut der Opferthlere, aus den Eingeweiden der ermordeten Gefangenen wurde
geweissagt. Sie glaubten an eine Auferstehung und Fortdauer der Seele nach dem
Tode. Das Jenseits dachten sie sich als Jagdgrund und Trinkhalle für die Tapfern
und als Kerker für Feige und Missethäter.
# 8. 2.
Die Römerherrschaft. 15—250.
15 bis Von Süden und Westen her waren die nimmersatten Römer auch in unser
250. Deutschland eingefallen, um sich das Beste davon auszuwählen. Schon Cäsar
1) Der römische Dichter Lucanus sagt: „Die Freiheit ist ein deutsches Gut.“
„Alles“, schreibt der englische Geschichtschreiber Hume, „was noch in der Welt ist von
Freiheit, Ehre, Edelmuth und Würde, verdanken wir diesen großmüthigen Barbaren.“
Und Montesquien sagt: „Die Freiheit, diese. schöne Sache, ist in den deutschen
Wäldern erfunden worden."“ "
„Der Deutsche ehrt in allen Zeiten
Der Fürsten heiligen Beruf,
Doch liebt er frei einherzuschreiten
Und aufrecht, wie ihn Gott erschuf.“
Uhland.