8. 31. Herzog Ulrich. Fortsetzung. Wiedereroberung des Landes. Einf. der Reformation. 85
tiefe und trübe Wasser gegangen und hatte alle Leiden einer drückenden Fremd-
herrschaft gekostet. Der Fürst hatte gelernt, die Rechte seines Volkes
zu achten, das Volk, die Fehler eines Fürsten mit Geduld zu
ertragen.
In der letzten Zeit seiner Verbannung hatte sich Ulrich am Hofe des tapfern
Landgrafen Philipp von Hessen aufgehalten. Da der Kaiser in Spanten
und Erzherzog Ferdinand von den Ungarn und Türken bedroht war, so konnte
jetzt ein rascher Handstreich ausgeführt werden. Philipp 1) brachte ein Heer von
4000 Reitern, 20000 Fußgängern und 6000 Knechten zusammen. Dagegen
konnte der Statthalter von Württemberg, Pfalzgraf Philipp, nur 10,000 Fuß-
gänger und 500 Reiter stellen. Am 12. Mai 1534 kam es zur Schlacht bei
Lauffen, in welcher Philipp von Hessen siegte und der Statthalter verwundet
wurde. Die Sieger zogen weiter und überall wurde dem zurückgekehrten Herzog
mit Freuden gehuldigt. Die Stuttgarter jubelten ihm entgegen 2); Ulrich ließ
sogleich zwei evangelische Predigten in der Stiftskirche zu Stuttgart halten.
Tübingen, Urach, Asberg und Neuffen ergaben sich bald.
Ferdinand erhob schwere Klagen gegen die Landfriedensbrecher und forderte
die Reichsstände zur Züchtlgung derselben auf. Aber es rührte sich keln Glied.
Der neugewählte römische König mußte wohl einsehen, daß die Fürsten der Sache
Ulrichs geneigt waren, weil sie durch dessen Einsetzung in sein Herzogthum einen
Zuwachs zum Schmalkaldischen Bund erhielten und Bayern froh war, nicht mehr
auf drei Seiten von dem mächtigen Nachbar begrenzt zu sein. Als Phllipp sogar
mit einem Einfall in die habsburgischen Besitzungen in Schwaben drohte, mußte
Ferdinand in den Kadaner Vertrag (1534) willigen. Er verlangte anfangs
von Ulrich, daß er das Land als österreichisches Afterlehen empfange und in dem-
selben die katholische Religion mit Gewalt erhalten müsse. Gegen den letzten
Punkt erklärte der Kurfürst von Sachsen standhaft, „er willige nicht ein, selbst
wenn Herzog Ulrich und Landgraf Philipp von Hessen elnwilligen sollten; er könne
und dürfe dem Lauf des Evangeliums nicht wehren, lieber solle sich die ganze
Handlung zerschlagen.“ Ferdinand mußte nachgeben und soerhielt denn Ulrich
sein Herzogthum wieder, aber nicht als Reichslehen, sondern als
ein von Oesterreich vergebenes Afterlehen, das nach dem Aus-
sterben des Mannsstammes an Habsburg zurückfalle. Das Geschütz
auf dem Asberg wurde dem König zurückgegeben.
Die Landschaft war willig, die vielen Schulden zu bezahlen. Der Kriegs-
zug mußte dem Landgrafen Philipp ersetzt werden; die verpfändeten Herr-
schaften Mömpelgard, Heidenheim und Möckmühl waren einzulösen. Die ganz
oder theilweise zerstörten Festungswerke sollten wieder hergestellt werden. Das
Volk gab alles gerne aus Freude über die Rückkehr seines Fürsten und dessen
Schritte zur Ein führung der Reformatton.
1) Philipp versicherte sich vorher in einer Zusammenkunft mit Franz I. von Frank-
reich zu Bar le Duc des französischen Schutzes.
2) Die Stuttgarter Kinder sangen:
„Bidi bidt bomb!
Der Herzog Ulrich kommt!
Er liegt nicht weit im Feld;
Er bring ’nen Sack voll Geld!“
Der Geldsack fehlte; um so mehr brachte er Schulden.
1534.