zitieren und die Grundrechte und Grundpflichten der beiden
Geschlechter mit den Worten umschreiden wollte:
Kraft erwart'’ ich vom Mann; dee Gesetzes Würde behaupt' er.
Aber durch Anmut allein herrschet und herrsche das Weid!
Anmut ist — nach einer nicht ganz umfassenden Erklärung
— die Schönheit in der Bewegung. Sie fedlt der Frau Zietz,
neben manchem anderen, sicher. Wenn man ihr muskulöses
breites Gesicht ohne Zucken als Sprechmaschine dienen sicht,
aus der in harten Lauten immer wieder nur ein Stück Erfurter
Programm hervorquillt, wenn man ihre kräftigen Arme stoß-
weise die Luft hämmern sieht, als wolle sie Hufeisen schmieden,
so hat man unbedingt den Eindruck, daß ein Mann einem
gegenübersteht, der nur in Ermangelung von Hosen sich in
das lange Weibergewand geworfen hat. Auf keinen Fall
vermag man sich vorzustellen, daß diese Frau semals ein sanftes
Kinderfräulein gewesen sein kann, das sogar einen Fröbel-
lursus hinter sich hat, wie in ihrer Lebensbeschreibung im Parla-
mentsealmanach zu lesen steht. Die Damen der Gesellschaft
in Weimar, für die das Theater Thbeater geblieben ist, be-
stürmen einen um Karten, wenn sie glauben, die Zietz werde
sprechen, denn ihrem wollüstigen Schauder erscheint diese
Frau als eine wilde Petroleuse, die man ebenso lorgnettieren
muß, wie es die Damen von Versailles vor hundertunddreißig
Zahren mit den ersten Weibern taten, die -zu Hyänen wurden“.
Eine Petroleuse ist Frau Zietz aber keinesfalls. Auch nicht der
Hansnarr, für den sie die Mehrheit der Kollegen in der Natio-
nalversammlung hält, die ihre Zwischenrufe nachäfften und
im Chorus mit „Hier zieht's, Frau Zietz!“ sie schon manchmal
zu übertäuben versuchten, dadurch aber nur erreicht haben,
daß sie noch mehr aufgestachelt, in ihrem Tun bestärkt und in
ihrer Selbstüberschätzung, der alle Halbgebildeten sowieso
leicht erliegen, gesteigert wird.
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