Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

viel Volk, noch mehr Volk, damit man eine Ansprache loswird: 
„Mitbürger! Freunde! Römer! Hört mich an!“ Die Be- 
schaffung von Volk ist schon einfacher. Man stelle eine Militär- 
kapelle hin, dann sammelt es sich schon. In der Tat müssen 
die Musiker der freiwilligen Landesjäger vom frühen Nach-- 
mittag bis in den sinkenden Abend auf dem Platze vor dem 
Theater ausharren, um das Publikum festzuhalten. 
Derweil werden im Sitzungssaal die Reste der Verfassung 
aufgearbeitet. Der Berstümmelungsparagraph wird in der 
Form Gesetz, daß nur drei Fünftel der abgegebenen Stim- 
men, nicht drei Fünftel aller Wahlberechtigten, sich für die 
Abschneidung eines Landesteils auszusprechen brauchen, da- 
mit sie möglich wird. Bei diesem neuesten Kompromiß hat 
man die Bertreter der Einzelstaaten gar nicht mehr um ihre 
Meinung gefragt. Der Vertreter Preußens, Wolfgang Heine, 
stellt dies mit Achselzucken fest. Von der Auflösung Preußens 
in ein Outzend kleiner Republiken erwartet er lediglich eine 
außerordentliche Verteuerung der Verwaltung und bekennt 
unter großer Bewegung des Hauses, daß das altpreußische 
Verwaltungespstem das billigste gewesen sei, das es je in der 
Welt gegeben habe. Ihm geht also schon ein Oreierlicht auf. 
Ee wird nicht lange dauern, dann tagt es wohl auch in anderen 
Köpfen. Bei der Annahme des neuen Schulkompromisses 
kommt durch den verfrühten Zubelruf eines Zentrumsmannes 
die Erleuchtung über das hohe Haus. Es ist der Oberlehrer 
Hofmann aus Ludwigshafen, der erregt balzend erklärt, die 
Konfessionsschule sei das Ideal des Zentrums, und hier werde 
es als Eroberer vorgehen. Sicherlich wird es das. Die neue 
Verfassung ermöglicht ihm auch die Einstellung von Zesuiten 
als Lehrer. Die Einheitsschule, die die Republik uns bringen 
wollte, hat sich in Rauch aufgelöst; wir bekommen statt dessen 
erstens die Simultanschule für Kinder aller Bekenntnisse, 
zweitens die konfessionelle katholische Schule, drittens die 
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