Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Beratung des Verfassungsentwurfes und der Reichswehr- 
vorlage auf dem Plan. ODas widerspricht, wie Haase heraus- 
getüftelt hat, der Geschäftsordnung. Vorlagen müßten seit 
drei Tagen in Händen der Abgeordneten sein, ehe sie zur 
ersten Beratung kommen dürften. Aun#seien die Orucksachen 
erst gestern verteilt, worden, also die heutige Beratung sei 
ganz geschäftsordnungswidrig. Da bitten Gröber und Payer 
die Unabhängigen um gut Wetter. Man solle doch nicht und 
überhaupt und so. Aber Haase und Cohn sind in jedem Zoll 
ein unbestechlicher Cato. Der Präsident Fehrenbach, der 
schon mit Stielaugen der Blamage entgegensieht, die ganze 
Sitzung gleich nach Beginn vertagen zu mühssen, wickelt sich 
im letzten Augenblick noch heraus: Es sei gar nicht die erste 
Beratung des Verfassungsentwurfs, wenn das auch in der 
Tagesordnung so gedruckt sei; Gott bewahre, die erste „Be- 
ratung“ komme erst morgen, heute gebe nur der Reichs- 
minister Dr. Preuß die mündliche Erläuterung zur Vor- 
lage; also er könne auf jeden Fall reden. Mit der Reichs- 
wehrvorlage ist es schon kitzlicher. Wenn nach § 23 der Ge- 
schäftsordnung mindestens 15 Abgeordnete sich gegen die 
vorzeitige Beratung erklärten, müsse man allerdinge die vor- 
geschriebene Frist innehalten. Also bitte! Die Unabhängigen 
sind zum Teil über Land auf Revolutionsfahrten. Sie bräch- 
ten die 15 Mann heute nicht auf. Schon lächelt man auf den 
Regierungsbänken, aber siehe da, es rauschen auch die Frak- 
tionen der Deutschnationalen und der Deutschen Volkepartei 
vollzählig empor, von einem zornigen allgemeinen „Ah!“ der 
Mehrheit empfangen. Es hagelt Zurufe. „Za, worüber 
wundern Sie sich eigentlich,“ schallt es von rechts zurück, 
„glauben Sie denn, wir ließen uns am Freitag selber von 
Zbnen vergewaltigen und hülfen Ihnen dann am Montag bei 
der Vergewaltigung der Geschäftsordnung?“ 
Mit leidvollem Gesicht betritt Dr. Preuß zu seinem Mono-- 
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