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Ludendorff bemerkt, daß er bereits mit dem Feldeisenbahn-Chef dieserhalb ge-
spprochen habe und hofft, daß bald Besserung eintritt.
Oberst Heye erläutert seine früheren Worte. Sein Urteil gehe dahin, an der
Lage im großen habe sich nichts geändert; die Armee bedürfe der Ruhe, je eher diese
eintrete, um so besser. Als die O. H. L. sich zu dem Friedensvorschlag entschloß, ging
man von der Ansicht aus, daß ehrenvoller Friede geschlossen werden könnte. Jetzt erst
sehe man, daß es um Sein und Nichtsein ginge. Es müsse daher geprüft werden, ob der
Entscheidungskampf nochmals aufgenommen werden könne. Die Unsicherheit der Lage
bleibe für die O. H. L. heute noch bestehen. Man könne nicht eine Garantie dafür über-
nehmen, daß die 18. Armee nicht eine starke Niederlage erleidet, aber in den letzten
8 Tagen sei es gut gegangen. Allerdings werde der Gegner noch weiter stark angreifen,
aber seine Kräfte seien doch geringer geworden, das zeigten jetzt die Kämpfe. Er würde
den Versuch, uns zu schlagen, fortsetzen, mit Hilfe seiner Artillerie und zahlreicher Tanks.
Dadurch entstehe großer Menschenverlust. Jögen wir uns kämpfend zurück, so müsse
das Land zerstört werden, denn es müßte eine Sicherheitsgrenze zwischen dem Gegner
und uns geschaffen werden.
Es sei möglich, daß der Feind in Lothringen angreife, dagegen seien Gegenmaß-
nahmen in Vorbereitung.
Die Lage sei ernst, aber nicht hoffnungslos. Die Stimmung der Armee würde
gehoben werden, wenn unser Angebot durch die Entente zurückgewiesen werden würde; es
würde dies einen Auftrieb an moralischer Kraft geben. Den Entscheidungskampf müßten
wir annehmen, wenn die Bedingungen, die uns gestellt würden, entehrende seien.
Die Aussichten für Haltung der Front im Elsaß seien gut. Die erste Linie
hielten ältere Truppen, die zweite allerdings nur abgekämpfte Truppen. Es komme also
nur darauf an, wie lange der Kampf dort dauere.
Ludendorff Es zeige sich hier bei den älteren Truppen der Gehalt einer guten
Friedensschule. Alte Leute zeigten den Wert der guten Friedensausbildung, daher habe
er das Vertrauen, daß die Lothringer und Elsässer Front sich halten werden. Es sei auch
zu berücksichtigen, daß auch die Ententetruppen sehr stark abgekämpft seien.
Darauf verlassen Exzellenz Ludendorff und Oberst Heye die Versammlung.
Nr. 59.
Delegramm.
Brüssel, den 17. Oktober 1918, 11 Uhr 10 Min.
Der Kais. Gesandte an Auswärtiges Amt.
Am 10. Oktober meldete ich auf Grund der Aussagen eines wichtigen Ver-
trauensmannes, daß Wilson auf unsere als zustimmend erwartete Antwort in einer
Weise replizieren würde, die seinen Willen erkennen ließe, er werde den Frieden nicht
mit einem Autokratismus unterzeichnen. Seine weitere Taktik werde dahin gehen, die
Abdankung Seiner Majestät des Kaisers und den Thronverzicht des Kronprinzen herbei-
zuführen.