Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

kann doch kein Teegeschirr sein?!“ Ich: „Doch, liebe Tante, es ist 
doch ein Teegeschirr!“ Königin: „Na, Kinder, das muß ich mir ein- 
mal ansehen, in der Bibel steht doch nichts davon.“ Einige Zeit später 
hat die Königin wirklich in Gouda sich von der Richtigkeit unserer 
„kulturhistorischen“ Angaben überzeugt. 
Schließlich erscheint mir aus der Scheveninger Zeit noch erwäh— 
nenswert, daß ich damals meinen ersten militärischen Bericht an meinen 
Großvater *) erstattete, ein Brauch, den ich bis zu seinem Tode fort- 
gesetzt habe. 
Nach unserer Rückkehr übernahm Pfarrer Heym von der Friedens- 
kirche in Potsdam den abschließenden Konfirmationsunterricht. Er 
war ein schlichter, gerader Charakter, der Li#ebling der ganzen älteren 
Generation des Königshauses, der er als Seelsorger Friedrich Wil- 
helms IV. sowie meines Großvaters und meines Baters besonders 
nahe stand. Ich habe das gleiche Gefühl der Verehrung für ihn 
gewonnen und mein Leben lang behalten. In dieser Zeit geschah es 
auch zu meiner großen Freude, daß meine Großmutter, Kaiserin 
Augusta, mich oftmals zu sich nach Babelsberg befahl oder im Park von 
Sanssouci mit mir Spaziergänge machte. Bei diesen Gelegenhekten 
mußte ich berichten, was ich im Unterricht gehört hatte, und wenn 
meine Großmutter eine Lücke oder ein unverstandenes Wort bemerkte, 
dann teilte sse mir aus dem großen Schat ihres Glaubens und ihrer 
Lebenserfahrung mit. Ich danke es vor allem meiner gütigen Groß- 
mutter, daß ich durch sie in das Gebiet der praktischen Anwendung 
unserer christlichen Religson auf das menschliche Leben eingeführt 
worden bin. 
Der Tag meiner Einsegnung wurde dann zu einem großen seelischen 
Erlebnis für mich, die Vorlesung meines Glaubensbekenntnisses) 
*) Aus dlesem Grunde gebe sch den Bericht bes. Vgl. Anhang Nr. 2. 
7*) Bgl. Anhang Nr. 3. 
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