in hohem Grade verstand, die Leute zu bezaubern. Mesne Groß-=
eltern hatten ihn außerordentlich gern und unterhielten zu ihm von
alten Zeiten her ein inniges Vertrauensverhältnis. Meine Eltern
sind oft nach Tisch hingefahren und haben mich manches Mal mit-
genommen, denn Frau Marie v. Schleinitz, allgemein „Mimi“ ge-
nannt, war eine intime Freundin meiner Mutter. Sie war eine
literarisch hochgebildete und ungemein geistvolle Dame, iteratur,
Kunst und Politik, vor allem ein begeisterter Wagnerkult hatten eine
Pflegestätte im vielberühmten „Salon Schleinitz“ in der Wilhelm-
straße Nr. 73 gefunden. Als Offizier bin ich auf Anraten meiner
Mutter oft Sonntags in dem Salon gewesen und habe mich in der
eigenartigen Atmosphäre stets wohl gefühlt.
Den Hofmarschall Graf Perponcher habe ich nur auf Hoffesten
und bei feierlichen Gelegenheiten zu sehen bekommen, er waltete
seines Amtes mit der vollendeten Grazie eines Hofmarschalls des
ancien régime. Sehr verehrt habe ich die Palastdame Gräfin Ortola,
eine gelstvolle Dame von zierlicher kleiner Figur, der unverkennbar
portugkesisches Blut in den Adern floß, und die doch zur echten
Preußin geworden war. Mich hat sie auf dem glatten Parkett des
Hofes mit der ihr eignen Herzensgüte unter ihre Fittiche genommen
und sich damit mein dankbares Gedenken gesichert. Dagegen war
man sich über eine andere Hofdame allgemein einig, daß sie trotz
aller treuen Anhänglichkeit an ihre Kaiserin eigentlich nicht an einen
Hof gehörte. Sehr bezeichnend ist der Spitzname, den sie führte:
„das preußische Häkchen“.
Und mit dem preußischen Häbchen schließe nun der Reigen histo-
rischer Gestalten an dem Hofe Kaiser Wilhelms I.
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