Dann gab es auch oft kleine Feste und mancherlei andere Ab—
wechslung: wiederholt waren wir bei dem Prinzen Friedrich der Nieder-
lande zu Besuch, der ein Sommerhaus, das Huys de Paw, zwischen
Haag und Leyden besaß, ein andermal war er in Scheveningen,
wo ihm ein Pavillon gehörte; auch König Wilhelm III. der Nieder-
lande war einmal bei uns.
Wir pflegten sehr anregenden Verkehr mit der Familie des eng-
lischen Gesandten im Haag, des Admirals Sir Harris, Bater des
späteren Lord Malmesbury. Seine vier Töchter haben mir das damals
aufkommende Lawutennisspiel beigebracht. Er selbst schenkte mir, als
er meine leidenschaftliche eigung für die Seeschiffahrt bemerkte, das
englische Marinewerk James, „Naval Histor)“. Ich habe in meiner
Jugendzeit das ganze Werk, 12 oder 14 Bände, mit Begeisterung
gelesen und oft auch englische Marineoffiziere mit Kenntnissen dar-
auß überrascht.
Mit der Erinnerung an diese goldene Scheveninger Zeit verbindet
sich auch unlöslich die an Karlchen Zuschlag, wie wir ihn nannten.
Professor Dr. Karl Zuschlag gab am Kasseler Gymnasium Granzösisch
und war nach Scheveningen mitgekommen, um meinem Bruder
Heinrich in diesem Fache Nachhilfeunterricht zu geben. Er war ein
frischer und freundlicher Mann, der noch nie das Meer gesehen hatte
und jetzt einen überwältigenden Eindruck von diesem Element empfing.
„Thalatta, Thalattal“ rief er ein über das andere Mal aus und
wußte sich in heller Begeisterung kaum zu fassen. Nicht ohne Rührung
sahen wir mit an, wie der Anblick des gewaltigen Meeres für einen
reisen Menschen zum inneren Erlebnis wurde.
IV.
Der Januar 1877 war der schwere Monat, in dem das Ab-
iturkentenexamen stattfand. Wir waren im ganzen 17 Abiturkenten,
und die Prüfung war nicht so ganz einfach. Aber die schriftlichen
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