In dem gastlichen Hause des Husarenobersten Prinzen Hein—
rich XIII. Reuß und dessen liebenswürdiger Gemahlin, einer geborenen
Gräfin Hochberg, Tochter des Fürsten von Pleß, verlebte ich man—
chen heiteren Abend mit Scharaden, Theaterspiel oder Bällen. Ein
amüsanter Kamerad war ein anderer Reuß, Prinz Heinrich XXIV.
aus der Kinie Ernstbrunn-Köstritz, der vor allem ungemein musikalisch
veranlagt war. Er spielte Orgel und Klavier, komponierte und diri-
gierte und war insbesondere ein guter Bachkenner. Wir haben ein-
mal zusammen in einem kleinen Stück gespielt, in dem Reuß einen
sächsischen Kammerdiener zu mimen hatte, das machte er so natur-
getreu und zwerchfellerschütternd, daß er die Mitspieler aus dem
Text brachte. FGerner erwähne ich meinen späteren Adjsutanten,
Major Moßner, den nachmaligen Botschafter Graf Pourtales, dann
Herrn von dem Knesebeck, der später Privatsekretär bei der Kaiserin
Augusta und dann bei meiner Frau war. Knesebeck war eine Natur
ähnlich der des Grafen Seckendorff, künstlerisch veranlagt, hoch-
gebildet, sprachenkundig und schwärmerisch begeistert für Italien, be-
sonders Benedig.
TAuch General v. Loé, der die Königshusaren 1870 gegen Frank-
reich geführt hatte, kam oft zum Regiment. Ich verdanke den Ge-
sprächen mit ihm einen großen Schat an militärischen Lehren aus
Kriegs= und Friedenszeiten.
Geldmarschall Herwarth v. Bittenfeld, der mich in freundlicher
Weise in seinem Hause aufnahm, ließ sich gern von mir aus meinem
Leutnantsleben erzählen. Wenn dieser kernige alte Haudegen bei
den großen Kommersen der Universität von der Tribüne der Hono-
ratioren herab zu uns Studenten sprach, dann erhoben wir uns alle
und standen mit der Front gegen ihn „stramm, die Hände an der
Hosennaht". Und wenn seine kurzen, knappen, wie Hammerschläge
die Begeisterung weckenden Worte verklungen waren, dann donnerten
die drei Hurras und die Nationalhpmne durch den Saal, daß die
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