An diesen Aufenthalt in Balmoral knüpft sich für mich eine liebe
Erinnerung, da mir meine Großmutter dort einen außerordentlichen
Beweis ihrer Zuneigung gab. Die Königin überraschte mich nämlich
mit der Ehrung, die hochländische Tracht des königlichen Klans (Klan
Stewart) tragen zu dürfen. Da die Hochlandstracht in Deutschland
an sich sehr populär, ihre wirkliche Kenntnis aber so gut wie gar
nicht vorhanden ist, will ich mich über die mir „verliehene“ Tracht
des königlichen Klans näher auslassen.
Bei Tage wurde der grüne Kilt (Hunting Stewart) oder ein
grauer (Balmoral) getragen. Des Abends bestand die Tracht in
einem roten Kilt, Sammetfacke mit silbernen Knöpfen, einer mit
Silber beschlagenen Tasche (sporran), Schuhen mit filbernen
Schnallen, einem umgehängten Plald, das auf der linken Schulter
mit einer großen silbernen, mit Goldtopas verzierten Brosche befestigt
war. Dazu kam noch eisn auf besonderen Befehl meiner Großmutter
hergestelltes prachtvolles, silberbeschlagenes Wehrgehenk. Dieses be-
stand aus einem an Ketten hängenden, mit einem hühnereigroßen
Goldtopas (cairngorm) verzierten Dolch, der über einen Fuß lang
war, sowie einem breiten, mit Schnallen versehenen Bandelier, an
dem das alte berühmte, mit einem geschlossenen Korbgriff versehene
Schwert (clapmore) hing, letzteres wurde aber im Hause und zu
Tisch nicht getragen. Dazu blitzte im Strumpf ein kleines, mit
Goldtopas verziertes Messer. Die Tracht ist nicht nur sehr kleid-
sam, sondern auch sehr praktisch, sie hält warm, gestattet beim Gehen
weites Ausschreiten und zeigt dabei längst nicht soviel vom Bein wie
die berühmten „Gemsledernen“ der Ciroler, Steperer und Ober-
bapern, da das Knie immer bedeckt sein muß. Der Kilt ist näm-
lich im Grunde nichts anderes als ein in Falten gelegtes Plaid,
das um den Lefb geschlungen sst.
Man kann sich vorstellen, wie groß meine sugendliche Freude war,
als ich mein Zimmer betrat und diese ganze Pracht vorfand, welche
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