soll. Zu meiner Freude galt es, wie ich bald feststellen konnte, bei
meiner Kompagnie unbedingt als Ehrenpflicht, daß Wachtvergehen
nicht vorkamen. Ich habe mit meinem Grundsatz die besten Erfahrungen
gemacht und in der ganzen Zeit bis zum Herbst 1881 nur eine einzige
schwere Strafe zu verhängen brauchen. Meine Offiziere, Premier—
leutnant v. Hoepfner und die Secondeleutnants Freiherr v. Willisen,
v. Leipziger, v. Eckartsberg, v. Kleist und v. Hopffgarten, haben mich
nach Kräften bei der Führung der Kompagnie unterstützt, ebenso mein
Feldwebel Schumann.
Während des Katsermanövers, das in diesem Jahre in der Gegend
von Groß-Ziethen stattfand, sielen mir wiederholt interessante Ge-
fechtsaufgaben zu. Besonders in Erinnerung ist mir ein Moment,
als es mir gelang, durch einen auf eigenem Entschluß beruhenden
überraschenden Stoß den Gegner gerade in dem Augenblick zu werfen,
als mein Großvater und Vater mit ihrem Gefolge und vielen Zu-
schauern bei der Kompagnie eintrafen. Der über meine selbständige
Handlung entrüstete Bataillonskommandeur wurde nur durch die
eben aus Kaiserlichem Munde erfolgende Anerkennung für diesen
Streich daran gehindert, die Schale seines Zornes über mich aus-
zugießen. Als er mich später im Biwak dennoch darüber zur Rede
stellte mit leisem Hinweis auf die Anwesenheit einer illustren Zu-
schauermenge, der zuliebe ich den befehlswidrigen Streich ausgeführt
hätte, erwiderte ich, daß ich es im Kriege geradeso gemacht und viel-
leicht ebenso wie der Bataillonskommandeur eine Auszeichnung dafür
erhalten hätte; denn von diesem hätte man wohl selbstverständlich an-
genommen, daß er den Befehl erteilt habe.
Am 16. September 1881 wurde ich zum Masor à la suite des
Regiments befördert und mußte die Kompagnie abgeben. Der Ab-
schied, der im Manövergelände stattfand, fiel, wie ich glaube, nicht
nur mir, sondern auch meinen Leuten schwer. Als ich mich dann
zum Kaisermanöver nach Itzehoe in Schleswig-Holstein begab, um
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