Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

dessen Auftrag zu Exzellenz v. Witzendorff.“ — „Na, das paßt ja 
ganz gut, dann nehmen Sie einmal gleich eine Meldung mit!“ Als 
ich nach Empfang der Meldung abreiten wollte, hielt der General 
mich mit der Bemerkung fest: „Na, na, funger Freund, nicht so hitzig! 
Erst die Meldung wiederholen! Ich kbenne die jungen Herren von 
der Kavallerie. Die denken nur an den Galopp übers Terrain, 
hören mit halbem Ohr hin, bringen eine konfuse Meldung an den 
Vorgesetzten, und dann bekomme ich eins auf den Kasten.“ Nach- 
dem ich die Meldung zur Zufriedenheit des Generals wiederholt hatte, 
wurde ich entlassen und kehrte zu der finsteren Exellenz auf dem 
Berge zurück. 
Als ich dort nach Erledigung meines Auftrages hinzufügte, ich 
wäre vom General MWichelmann beauftragt, an Seine Exellenz eine 
Meldung zu übermitteln, sah mich General v. Witzendorff von oben bis 
unten durchbohrend an: „Wie kommt General Michelmann dazu, Eure 
Königliche Hoheit mit einer Meldung zu beauftragen? Hat er Eure 
Königliche Hoheit nicht erkannt und gebührend Meldung erstattet?“ 
Ich verneinte, dußerte die BVermutung, der General habe mich wohl 
für einen PBatrouillenreiter gehalten und gab eine ausführliche Schilde- 
kung der näheren Umstände meines Zusammentreffens mit ihm. Der 
Erfolg meiner Meldung war mehr als überraschend, denn der Stab 
konnte nunmehr auf den Zügen des gestrengen Herrn Kommandieren- 
den ein Mienenspiel beobachten, das unbedingt als etwas einem 
Lächeln sehr Ahnliches aufzufassen war. Seine Exzellenz hatten ge- 
ruht, zum ersten Male öffentlich vor seinen Herren zu lächeln! Sehr 
bald erfuhr ich auch die Ursache der Heiterkeit: General Michelmann 
war nämlich diefenige Berson, auf die alle Anekdoten, die im Korps sich 
ereigneten, lokalistert wurden, und nun hatte er ahnungslos eine neue, 
sogar eine wahre, dazu geliefert! Am Abend wurde der Vorfall an 
allen Biwakfeuern der Westfalen gebührend belacht. 
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