Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

wurde er mein Freund und ist es, nachdem er später in meine Dienste 
übergetreten war, durch allen Wandel der Zeiten hindurch unver- 
ändert geblieben. 
Ganz ausgezeichnet sprach Chelius italienisch, und so war er 
mir auf meinen italienischen Reisen von unschätzbarem Wert im Ver- 
kehr mit den Herren und Damen der Gesellschaft wie mit den italie- 
nischen Behörden, den er mit feinem Taktgefühl zu vermitteln ver- 
stand. Auch hatte er ein großes Talent zum Vorlesen, und es gewährte 
meiner Frau, mir und den RNeisegefährten, die mit uns an Bord 
meiner Bacht „Hohenzollern“ an Italiens und Siziliens Küsten ent- 
lang fuhren, einen hohen Genuß, wenn er uns die herrlichen „Wander- 
fahre in Italien“ von Gregorovius vorlas. Eine große Freude konnte 
ich dem begeisterten Liebhaber Italiens und gläubigen Katholiken be- 
reiten, als ich ihn dem Generaladjutanten v. Los für dessen Reise an 
den Batikan attachierte und als ich ihn später zum Militärattaché 
in Rom ernannte, dort erfreute er sich allgemeiner Beliebtheit und hat 
sich eine vorkreffliche Stellung zu schaffen gewußt. 
Seine Frau war eine Tochter des Ministers v. Buttkamer. Sie 
ist 1923 fm Königssee verunglückt. Drei Wochen später ist er ihr 
im Tode gefolgkt. Sein Hinscheiden riß eine tiefe Lücke in den Kreis 
meiner Getreuen, die nie wieder ausgefüllt werden kann. 
Unter den Offizieren, die in dem von meiner Mutter während 
des Krieges von 1870 in ihrem Berliner Palais eingerichteten 
Lazarett lagen, befand sich auch der Premierleutnant v. Kessel vom 
Ersten Garderegiment zu Fuß, er hatte bei St. Privat einen Schuß 
in den Arm erhalten. Ich brachte ihm damals oft im Auftrag meiner 
Mutter Bücher zum Lesen oder übermittelte ihm Bestellungen. Sein 
freundliches, humorvolles Wesen gewann ihm schon damals unser 
aller Herzen. Als in späterer Zeit ihn mein Bater zu seinem persön- 
lichen Adjutanten wählte, erwarb er sich in so hohem Maße das 
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