Vertrauen seines Herrn, daß dieser ihn mit der Verwaltung seiner
privaten Gelder betraute.
Auf einem anderen Gebiete hat Kessel meinen Eltern vielleicht
unschätzbare Dienste geleistet. Die Beziehungen zwischen meinen
Eltern und dem Reichskanzler gestalteten sich nicht immer reibungs-
los. Da nun Kessel ein Better des Fürsten und im Hause Bis-
marck gern gesehen war, so hat er es durch moralischen Mut und
feinen Takt trefflich verstanden, Reibungen auszugleichen. Er hat
auch in den schweren neunundneunzig Tagen sich nach Kräften be-
müht, die nach allen Seiten hin schwierige Situation zu erleichtern.
Als ich im Jahre 1877 zum aktiven Frontdienst beim Ersten
Garderegiment zu Fuß eintrat, stand Kessel auch bei der 6. Kom-
pagnie, wo er sich meiner in der kameradschaftlichsten Weise annahm.
So gab er mir Anweisungen für den Dienst, besonders für den
VBerkehr mit den Mannschaften und die Art und Weise zu instru-
ieren; er ging auch das Reglement mit mir durch und orientierte mich
schließlich über die Offiziere der O. Kompagnie und des II. Batakllons
sowie über meine Altersgenossen im Offfzierkorps. Kessel war eine
allsektig beliebte Bersönlichkeit und wurde ganz besonders von uns
Leutnants als ein „Vertrauensmann“ im besten Sinne des Wortes
verehrt.
Meine ganze Dienstzeit habe ich mit ihm gemeinsam beim Regi-
ment verbracht und mich oft an seiner unverwüstlichen guten Laune,
an seinen Erzählungen aus Krieg und Frieden erfrischen können.
Aber auch in der schönen Literatur war er gut bewandert und besaß
zudem ein hübsches Zeichentalent, das ihn befähigte, ansprechende
Aquarelle von schönen Landschaften und interessanten Gebäuden zu
entwerfen.
Nach dem Tode meines Baters trat Kessel in meine Dienste.
Er ist mir sein Leben lang ein treuer Freund und Berater gewesen,
bis er im Kriege als Gouverneur von Berlin und Oberkomman-
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