nische Schönheit der griechischen Antike trefflich wiederzugeben verstand.
Nebenbei sei erwähnt, daß die damaligen drei Hauptvertreter der
britischen Malerei der Friese Alma-Tadema, der Bayer Herkomer
und der Franzose Sir John Millais waren. Auch die schöne Um—
gegend Londons konnte ich bewundern, wenn ich Richmond, Hampton
Court, Kewgarden und die großen Treibhausanlagen von Mr. Veitch
besichtigte. ,#
Bek einem meiner Besuche in London nahm ich Gelegenheit, dem
großen englischen Staatsmann und Premierminister Lord Beaconsfield
(Disraeli) meine Aufwartung im Foreign Office zu machen. Er war
ein sehr hoch aufgeschossener, breitschulteriger Mann mit auffallend
langen Beinen. Sein Gesicht war farblos, aschfahl, fast wächsern,
sein Haar pechschwarz und gelockt, ein kleines Spitzbärtchen zierte
das Kinn, über dem ein schmaler Mund wie ein feiner Messerschnitt
im Gesicht stand. Seine Augen waren schwer zu erkennen, da er
beim Hören wie beim Sprechen seinen Partner niemals direkt ansah.
Ein bestimmter Ausdruck dieses maskengleichen Antlitzes war nicht
wahrnehmbar, als Gesamteindruck blieb sedoch: klug und kalt berech-
nend. Im übrigen verfügte er über sehr gewandte, ich möchte fast
sagen geschmeidige Umgangsformen. Bald darauf konnte ich ihn in
Windsor in seinem Verkehr mit meiner Großmutter beobachten, der
er bekanntlich den Titel „Kalserin von Indien“ errungen hatte. Da
die Königin stets leise zu sprechen pflegte und verhältnismäßig klein
war, mußte sich der riesige Mann so tief zu ihr herabbeugen, daß
sein Körper fast im rechten Winkel zu stehen kam. Hlerbei legte er
eine Unterwürfigkeit seiner Königin gegenüber an den Tag, die keinen
angenehmen Eindruck machte. Mich wunderte es sehr, daß der
PBremier in so hoher Gunst bei meiner Großmutter stand, da mir
bekannt war, daß die Königin gerades, offenes Auftreten liebte und
jeder Art zur Schau getragener Unterwürfigkeit abhold war. Die
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