am 21. Juni in London zu vertreten, da mein erkrankter Vater der
Schonung bedurfte und deshalb nur inoffiziell an den Feierlichkeiten
teilnehmen konnte. Neben meinem persönlichen Adjutanten, dem Frei-
herrn v. Bissing, wurden mir Generalleutnant v. Hahnke und Oberst-
leutnant v. Kessel attachiert.
Mit Genehmigung meines Großvaters schiffte ich mich an Bord
des Flottillenfahrzeugs „Blitz“ der Torpedobootsflottille unter dem
damaligen Kapitän z. S. Tirpitz ein, die nach England mitgehende
erste Division der Flottille kommandierte mein Bruder Heinrich als
Chef. Wir liefen bei schönstem Wetter nachts über die Nordsee und
erreichten am frühen Morgen das englische Festland. Ein herrlicher
Sommertag brach an, als wir die Küste entlang auf die Themse-
mündung zu dampften.
Bei Loweskoft nahmen wir einen englischen Themselotsen, er war
ein prächtiger jovialer Mann, der über alle Schiffahrtsverhältnisse
bereitwillig Auskunft gab. Das Meer war sehr belebt, wir passierten
außer zahlreichen Fischerfahrzeugen vornehmlich leere Kohlendampfer,
die Kurs nach Newcastle hatten. Bekanntlich muß das Handels-
schiff, wenn es einem Kriegsschiff begegnet, seine Mationalflagge setzen
und grüßen. Als eine Anzahl jener Kohlendampfer es versäumte,
ihre Flagge zu zeigen, brach unser über diese Nichtachtung sehr er-
boster Lotse, mit der Faust nach den Dampfern drohend, in zornige
Worte aus. Dagegen erfreute ihn unsere im Kielwasser des „Blitz“
in bester Marschformation folgende Torpedobootsdivision ungemein,
und er gab seinem Erstaunen darüber, daß so kleine Schiffe es
wagten, über die Nordsee zu fahren, unverhohlen Ausdruck, wobei
er sich in Worten der Bewunderung nicht genugtun konnte. Es
war in der Tat das erstemal, daß eine Torpedobootsdiotsion in ge-
schlossenem Berbande die Nordsee überquert hatte; man war damals
noch der Meinung, daß Torpedoboote wohl zur Küstenverteldigung,
nicht aber auf der hohen See gebraucht werden könnten. Als wir
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