die bleinen Zwischenfälle den Gesamteindruck dieser einzigartigen Ju-
blläumsfeier nicht zu stören.
Bei der stattlichen Zahl der geladenen VFürstlichkeiten, die sämt-
lich im Schloß der Königin unterzubringen unmöglich war, mußte
die Gastfreundschaft des britischen Hofstaates ausgiebig in Anspruch
genommen werden. So wurden meine Gemahlin und ich zunächst
bei Lord Cadogan untergebracht. Unter seinen weiteren Gästen be-
fand sich eine éußerst interessante, lebhafte und anregende Dame, die
einmal meine Tischnachbarin wurde. Es war Lady Maria Ailesbury,
die in ihrer Zugend noch die Krönung meiner Großmutter miterlebt
hatte. Als ich, mit 28 Jahren der Jüngste aus der Gesellschaft, be-
stimmt wurde, sie, die Alteste, zu Tisch zu führen, war allgemeines
Erstaunen. Bei der Tafel erwies sich diese Anordnung entgegen der
Erwartung als für mich höchst ergötzlich, und ich wurde gleich meinem
Schwager, dem Erbprinzen von Meiningen, der der Lady zur Rechten
saß, von ihrer geistvollen, mit kleinen Bosheiten gepfefferten Unter-
haltung in höchstem Grade gefesselt. In sprühendem Durcheinander
schilderte sse uns höfische und gesellschaftliche Ereignisse aus der
Regierungszeit meiner Großmutter, wobei sie derart treffende und
witzige Charakteristiken entwarf, daß wir aus dem Lachen nicht
herauskamen. Der Erfolg war, daß die gesamte Tischgesellschaft
ihre eigene Konversation einstellte, mit neidischen Blicken nach uns
hinüberschaute und an den Konfidenzen der Ladp Ailesbury teilzu-
nehmen versuchte. «
Ein anderes Mal waren wir bei Mr. Goschen zu Tisch, der
später einer der hervorragendsten Marineminister Englands wurde.
Er stammte aus dem bekannten Berlagshause Göschen in Leipzig,
das er häufig zu besuchen pflegte, er sprach daher ebenso wie seine
Kinder fließend Deutsch und bediente sich den Herren und Damen
unseres Gefolges gegenüber aus Höflichkeit dieser Sprache. Unter
seinen Tischgästen traf ich Lord Lpytton (Bulwer), einen Sohn des
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