schen Reiche und dem Zweibunde geneigt war, vor allem die Idee des
Preußentums war ihm in der Seele verhaßt. Aus allen diesen Gründen
wurden unsere Beziehungen kühler und schließlich auf beiden Seiten
lediglich unter dem Gesichtspunkt politischer Notwendigkeiten gepflegt.
Mein BVerhältnis zu Katser Franz Josef ist dagegen immer außer-
ordentlich eng und herzlich gewesen. Ich darf wohl sagen, daß ich
vom Kaiser fast wie sein eigener Sohn behandelt wurde ich wiederum
blickte vom ersten Tage unserer Bekanntschaft an zu dem Berbün-
deten meines Großvaters und Baters mit der Berehrung und Liebe
auf, welche die ehrwürdige Bersönlichkeit eines solchen Greises der
Jugend abfordern muß. Der alte Kaiser war für mich ein leuchten-
des Borbild in der Ergebung und Glaubensfestigkeit, mit der er alle
schweren Schicksalsschläge trug, und in seinem geradezu sprichwört-
lichen Bflichtgefühl, mit dem er rastlos für das Wohl seiner Völker
arbeltete. Die Art meiner Beziehungen zu Kaiser Franz Josef ist
keinem Wandel unterworfen gewesen. Ich habe den edlen Herrscher
in Ehrfurcht stets als meinen väterlichen Freund angesehen, und es
bestand zwischen uns über alle Zeiten hinweg ein inniges Verhältnis
gegensektigen Vertrauens, das bis zur Stunde gewährt hat, da er
sein Haupt im Tode neigte.
Kaiser Franz Josef, der auch Bate meines ältesten Sohnes war,
zeichnete von Anfang an meine Frau mit besonderer Liebenswürdig-
keit aus, die die ganze Rltterlichkeit seines vornehmen Wesens
zur Geltung brachte. Als mein Sohn großfährig wurde, ließ der
hohe Pate es sich nicht nehmen, persönlich zu erscheinen, um seine
Glückwünsche zu überbringen. Als ein rührender Zug sei erwähnt,
daß, als beim Mittagsmahl meine Frau dem Kaiser das „Du“ an-
trug, das bisöher noch nicht gebraucht worden war, der hohe Herr
mir sogleich von dieser „Ehrung“, wie er es nannte, Kenntnis gab.
Es muß dem des einzigen Sohnes und seiner Gattin beraubten Katser
hoch angerechnet werden, daß er sich zu diesem Besuch verstanden
277