reden kann.“ Mir aber und meinen Herren gab dieser Vorgang
doch einiges zu denken für den Ernstfall.
Kaiser Franz Josef ist in seinem Leben durch so viel Leid hin—
durchgegangen, wie wenige Menschen. Als sener verabscheuungs-
würdige Mordanschlag die schöne Kaiserin Elisabeth dahinraffte, eilte
uich sofort nach Wien und stand dem hohen Herrn tröstend zur Seite
Niemals werde ich den herzergreifenden Anblick vergessen, als der
gebeugte Witwer nach einem kalten zeremoniellen Gottesdienst hinter
dem Sarge seiner einst so gefeierten und vergötterten Gemahlin aus
der Kapelle in die Kapuzinergruft hinabstieg.
Die anmutige Kaiserin, die einst der Gegenstand meiner jugend—
lichen Schwärmerei gewesen war, war nun dahin. Ich selbst habe
der Kaiserin nicht näher gestanden, ich weiß aber sowohl von meinem
Großvater wie von meiner Mutter, die sie beide gut kannten, daß
die allgemeine Vorstellung von ihr nicht der Wirklichkeit entsprach.
Beide erklärten sie für eine bedeutende Frau, der tiefes Gemüt und
eine große Seele zu eigen waren, und bedauerten es sehr, daß sie in
ihrem eigenen Lande fast allgemein verkannt wurde. Meine Mutter
war der Ansicht, daß der Kaiserin in ihrer Jugend schwere Enttäu—
schungen von seiten der österreichischen Gesellschaft bereitet worden seien.
Wenn die Osterreicher von ihr sagten, daß sie unnahbar und unsichtbar
sei, so hätte das wahrscheinlich daran gelegen, daß die Kaiserin keinen
Gefallen an der oberflächlichen und vergnügungssüchtigen Gesellschaft
habe finden können. Mein Großvater hat oft seine Bewunderung
für den klaren Verstand und das sichere Urteil der hohen Frau ge-
äußert und sie sehr verehrt. Als Beweis für ihre Charakterstärke
mag das Wort gelten, das sie sprach, als ihr die Nachricht vom
Tode ihres Rudolf gebracht wurde: „Niemand anders als ich darf
das dem Katser sagen, ich werde es ihm mitteilen!“
Nach dem erschütkernden Ereignis hat sich die Kaiserin immer
mehr von der Welt zurückgezogen. Im Garten des Achilleions auf
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