Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Ausmaß in Metall zeigten. Am schönsten wirkten der Andreassaal, 
ganz in lichtblauem Atlas, und der Katharinensaal, in purpurrotem 
Atlas mit Silbereinfassung gehalten. Der größte von allen war 
der Georgssaal in weißem Marmor, auf dessen Wänden die Namen 
aller Georgsritter in Gold eingemeißelt waren. Ich fand unter ihnen 
die Namen mancher preußischen Heerführer aus den Befreiungskriegen, 
Erinnerungen an glorreiche Zeiten der Waffenbrüderschaft mit dem 
russischen Heere, auch den des Prinzen Friedrich Karl, meines Vaters 
und meines Großvaters. Auf dieser Wanderung bekam ich ferner 
im oberen Stock frühmittelalterlich eingerichtete Wohnungen aus der 
Zeit der Großfürsten und Zaren von Moskau zu Gesicht, deren 
Venster, von zierlich gedrehten Säulen getragen, mit verschieden- 
farbiger Majolika bekleidet waren. Bon ihnen aus genoß man 
einen prachtvollen Rundblick über die ganze Stadt Moskau mit 
ihren zahllosen goldenen, grünen und blauen Kuppeln, die von ver- 
goldeten Kreuzen mit herabhängenden, ebenfalls vergoldeten Ketten 
gekrönt wurden. Im gleißenden Sonnenlicht fürwahr ein märchen- 
hafter Anblick, der einzig in seiner Art warl 
Ich machte unter Führung des Fürsten Dolgorukoff einige Rund- 
fahrten zum Besuch bemerkenswerter Gebäude und Kirchen wie auch 
des alten Spitals und Altenheims der deutschen Kolonte. Unter 
anderem sah ich die von Iwan dem Schrecklichen gebaute Wassilif- 
Blashinnp-Kathedrale, deren Kuppeln teils pinienzapfenförmig, teils 
ananasßartig gestaltet und, wie die gesamte übrige Kirche, in bunten 
Garben gehalten waren. Dieses Bauwerk soll den Zaren Jwan so 
erfreut haben, daß er nach einer Legende, die freilich auch von zahl- 
reichen anderen Fürsten berichtet wird, dem Baumeister die Augen 
ausstechen ließ, damit er einen solchen Wunderbau nicht zum zweiten 
Male errichten könne. 
Auch die gewaltige, damals gerade in der Ferttigstellung begriffene 
Gedächtusskirche für die Befrefungskriege auf einem großen freien 
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