ob es nicht gut gewesen wärc, wenn Bismarck die Möglichkeit ge-
habt hätte, mit dem Zaren bei Tisch zu sprechen.
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Einen dauernden Erfolg hat, wie gesagt, die Aufklarung des
Zaren durch Bismarck und die Entspannung zwischen Rußland und
Deutschland nicht gehabt. Die panslawistische Flut stieg höher und
höher, das Revanchegeschrei wurde immer lauter, und die Gerüchte
von einer bereits abgeschlossenen Allkanz zwischen Rußland und Grank-
reich verdichteten sich immer mehr. Dazu konnten starke russische
Truppenverschiebungen an die polnisch-preußische Grenze festgestellt
werden.
Mitte Dezember befahl mein Großvater den Feldmarschall Moltke
zum Vortrag über den Zweifrontenkrieg, der uns allem Anschein
nach bevorstand. Außer dem Grafen Waldersee, der damals General=
quartiermeister war, sowie dem General v. Albedyll und dem Kriegs-
minister Bronsart v. Schellendorff mußte auch ich dem Vortrage
beiwohnen. Mein Großvater sprach zunächst viel von dem traditio-
nellen Verhältnis zwischen Rußland und Deutschland, wobei die
Erinnerungen an seine Zugendzeft und die guten Beziehungen zu
seinem ermordeten NMeffen, dem Zaren Alexander II., in ihm über-
mächtig wurden. N#achdem Moltke einen meisterhaften Bortrag
gehalten hatte, genehmigte der Kaiser den Entschluß, Truppen nach
dem Osten zu verschieben und vor allem den Ausbau des vernach-
lässigten Bahnnetzes im Osten zu fördern. Die letzteren Maßnahmen
erforderten geraume Zeit und Mittel, zumal die großen neuen Weichsel-
und Nogat-Eisenbahnbrücken milttärischerseits gegen starken Widerstand
des Mintsteriums für öffentliche Arbeiten durchgesetzt werden mußten.
Da die Behörde die Eisenbahnen lediglich aus wirtschaftlichen und
finanziellen Gesichtspunkten beurteilte, so waren ihr andere, vornehm-
lich auf militärische Wünsche gegründete Ausgaben wenig sympathisch.
Vollständig sind die von Kaiser Wilhelm befohlenen Maßnahmen
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