Vater gab seine Einwilligung, auch meine Mutter stimmte zu, und
so wurde auch mit ihrer tätigen Unterstützung, wie ich betone, die
Operation für den Vormittag des 21. Mai im Neuen Palais vor—
bereitet.
Bekanntlich ist der Krebs eine heimtückische Krankheit, die den
Kranken oft schon lange Zeit verzehrt, ehe sie festgestellt wird, und
wenn das geschieht, ist es in der Regel zu spät. Anders da—
gegen bei Erkrankungen, die die Brust oder den Hals befallen, diese
werden oft rechtzeitig erkannt und auch mit gutem Erfolg operiert.
So war der Fall meines Baters keineswegs als hoffnungslos an-
zusehen. Gerhardt hat in dem später aufgesetzten amtlichen Bericht
erklärt: cKeine Statistik kann die ganze Wahrscheinlichkeit dauernd
günstigen Erfolges voll wiedergeben, die in diesem Falle bestand.
Denn in keinem Falle war die Krankheit so früh, ich möchte sagen,
im Keime erkannt. Die Konstitution des hohen Herrn war die denk-
bar kräftigste. Alle Hilfsmittel standen zu Gebote.? Und Bergmann
gab folgendes Urteil ab: «»Die Operation, die wir vorschlugen, war
nicht gefährlicher als eine gewöhnliche Tracheotomie (Luftröhrenschnitt),
der ohnehin bei unserer Diagnose der Kronprinz doch dereinst ganz
bestimmt verfallen mußte. Wir schlugen also nicht mehr vor, als
was für ihn nun einmal unvermeidlich war.=
Es war von den verhängnisvollsten Folgen, daß am Abend vor
der angesetzten Operation der Engländer Mackenzie entscheidend ein-
greifen konnte. In der alsbald nach seiner Ankunft vorgenommenen
Untersuchung erklärte er, daß es sich nicht um Krebs handle, sondern
um eine polppöse oder fibromatöse Geschwulst, die durch eine von
ihm vorzuschreibende Kur ohne Operation in sechs bis acht Wochen
zu beheben sei, der Kronprinz müsse sich nur „wie seder andere Sterb-
liche' zur Behandlung in seine Klinik begeben. Die Herstellung der
Stimme meines Baters, „so, daß er ein Armeekorps bei der Revue
anreden könne“, stellte er als vollständig sicher hin. Gegen die von
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